Wie bei kaum einer anderen Sportart ist beim Segeln das Denken der Menschen von
falschen Vorstellungen behaftet, oft von der Werbung für falsche Klischees benutzt.
Wie dieser Satz: Segler sind immer gut gelaunt und lächeln immer (laut Werbung). Be
sprechung überflüssig.
Oder dies: Segler sind reiche Playboys. Der Hintergrund: Wer hat noch nie in Illustrierten /
Filmen / Plakaten / Werbeprospekten, einen gut gekleideten Schönling am Ruder einer
Hochseejacht gesehen, in einer Hand das Glas Whisky, die andere lässig um eine attrakti
ve Frau gelegt? Mit welcher Hand steuert dieser Seemann eigentlich?
Nicht zuletzt wegen dieser Klischees schreibe ich diesen Bericht.
Kein Klischee ist allerdings die Tatsache, daß den Seglern das Boot, das sie gerade besit
zen oder fahren, immer zu klein ist. Beziehungen zu ihrem Boot sind für Segler keine Ehen
(alten Typs ), in denen Unauflöslichkeit und persönliche Verpflichtung zueinander im
Vordergrund stehen. Vielmehr ist eine solche Paarung zunächst einmal eine Zweckbezie
hung. Eignergemeinschaft: Zwei oder mehr Personen haben sich auf Zeit zusammenge
schlossen um in gemeinsamer Anstrengung ein bestimmtes, überwiegend hochgestecktes
Ziel zu erreichen, meistens ein größeres Boot.
Über diese Tatsachen waren Paul und ich uns auf jeden Fall klar, als wir beschlossen, wir
brauchen ein größeres Boot.
Unsere Neptun 24 war für das Steinhuder Meer ja ein großes Boot. Aber im Ysselmeer
oder gar Nordsee einfach zu klein. Also verkauften wir die Fatamorgana und kümmerten
uns um den Neuerwerb. Mindestens 30 Fuß sollte es haben. Es wurde die Prinzeß 30, die
in Bremen lag. Für uns leicht erreichbar und in dem Preissegment, das wir uns vorgestellt
hatten.
Princess 30 8,75 x 2,75 x 1,30 m
Nach den ärgsten Frösten des Winters verlegten wir das Boot nach Hasenbühren.
Ein Wassersporthafen an der Weser, vor der Stadt Bremen. Hier haben wir unser neues
Boot renoviert, das heißt alles nachgesehen, ergänzt und zusätzliche Sicherheitseinrich
tungen eingebaut. Vom Funkgerät bis zur Rettungsinsel oder Rettungsboje. Der Diesel
motor gewartet und ein dreibeiniger Träger für ein Radargerät im Heck aufgebaut. Das
dazu gehörige Radargerät hatten wir allerdings noch nicht installiert,aber dazu noch einen
Go nio Funkpeiler eingebaut.
Das Boot war für eine Überführungsfahrt gut ausgerüstet. Denn eins war klar, das Boot
musste ins Ysselmeer.
Man darf beim lesen dieses Berichts, nicht vergessen, daß wir 1977 noch keine GPS
Navigation hatten und ganz auf die alten Navigationsverfahren angewiesen waren. Also
terrestische Navigation, wo die Positionsbestimmung in Küstennähe anhand von
Landmarken (markanten Punkte an Land), und sonstigen Seezeichen erfolgt. Und die
Koppelnavigation, da wird die laufende Ortsbestimmung aus Kurs und Geschwindigkeit
ermittelt.
Am 18.05.1977 wird die Windflower, so heißt das neue Boot inzwischen, von Paul und Gi
sela nach Bremerhaven überführt.
Am nächsten Tag kommt die übrige Mannschaft. Das sind mein bester Freund Ludwig, der
schon einige Segelerfahrungen hatte, aber noch nie auf der Nordsee gesegelt war. Mein
Bruder Rudi, der erst seit kurzem wieder zu Hause ist und ein paar Jahre als Seemann auf
allen Meeren fuhr. Nur hatten diese Schiffe, nichts mit einer kleinen Segelyacht zu tun.
Paul als Skipper hatte schon einige Erfahrungen auf Nord- und Ostsee. Ich selber bin
auch schon auf der Nordsee gesegelt, aber hauptsächlich war das Ysselmeer mein Revier
Ich hatte aber alles gelesen, was Fachbücher und Se gelzeitschriften über dieses Hobby
hergaben. Nur muss ich noch erwähnen, dass ich eigent lich überlegt hatte überhaupt mit
zu fahren, weil ich seit einem Jahr an einem Schulter – Arm Syndrom litt, und ich nicht
wusste, ob ich für so einen Turn vielleicht überfordert war.
Die Wettermeldungen gaben Grund zu der Annahme einen schnellen Turn bis zu un
serem ersten Ziel, der holländischen Insel Terschelling, zu haben. Es ist Wind aus öst
lichen Richtungen in der Stärke 6-7 voraus gesagt. Das ist für uns ein Kurs überwie gend
achterlich bis raum. Obwohl man normal bei 6-7 Windstärken mit einer kleinen Sege lyacht
nicht mehr ausläuft, beruhigte uns die Aussicht den Wind von achtern zu haben. Der
bringt uns ja direkt zu unserem Ziel. Außerdem sind wir der Ansicht, dass wir ein gu tes
Boot haben und es ist sehr gut ausgerüstet.
Wir ziehen unsere Segeloveralls über, ziehen die Stiefel an, legen die Lifeleinen an und
halten die Rettungswesten parat. Es sollte aber nicht lange dauern, bis Paul uns sagte,
dass wir alle die Rettungswesten anlegen sollen
Um 15 Uhr fahren wir im Yachthafen von Bremerhaven ab, um rechtzeitig in der
Hafenausfahrt zu sein, um das ablaufende Wasser zu nutzen und im Rücken zu haben.
In das Großsegel haben wir zwei Reffs gebunden und mit kleiner Fock haben wir mehr als
genug Segel, um bei dem Wind volle Fahrt zu machen. Aus dem geschützten Hafen kom
mend, packt uns der Wind mit brutaler Kraft.
Unsere Fahrtrichtung beschert uns zu nächst einen Raumschotkurs an den grünen
Tonnen des Fahrwasser entlang, allerdings außerhalb der Schifffahrtsstraße. Auf diesem
Kurs schießt das kleine Boot vorwärts, als müssten wir noch heute unser Ziel erreichen.
Wir sind noch in Landschutz und deshalb sind die Wellen noch nicht so hoch. Das Wasser
zieht unter unserer Yacht durch, weiße Gischt rauscht an der Fußreling vorbei - fast
sieben Knoten zeigt das Sumlog an!
Das ist schon über der theoretischen Rumpfgeschwindigkeit.
Es ist das erste Mal, dass wir die Prinzeß 30, auf der Nordsee, in immerhin 6-7 Windstär
ken erleben und wir haben ein gutes Gefühl. Langsam kommen wir aus der Landabde
ckung heraus und der Seegang wird höher.
Wir müssen unser Boot aus Polyester, Holz , Stahl, Tauwerk und Segel bestehend, zwin
gen unserem Willen zu gehorchen. Wir müssen es verstehen, den Wind so zu nutzen,
dass unser Fahrzeug uns zum Ziel bringt. Wie müssen über Gezeiten, Seegang, Strömun
gen und Barren, über Fahrrinnenbetonnung und Tag und Nacht Signale Bescheid wissen,
in der Wetterkunde bewandert und vertraut sein mit der Besonderheit unseres Boo tes.
Sollten das die Dinge sein, die uns herausfordern?
Je weiter wir uns von der Landdeckung entfernen, um so höher wird der Seegang. Da
zeigt es sich auch, dass unsere Princess mit diesen Wellen nicht so gut fertig wird. Un
sere rauschende Fahrt wird immer geringer, weil uns die hohen Wellen bremsen. Das
Wasser spritzt permanent vom Bug ins Cockpit. Wenn es heftig kommt, donnern ganze
Fontänen mir ins Gesicht. Man kann die Augen nicht rechtzeitig schließen, und das salzi
ge, kalte Wasser lässt diese brennen wie Feuer. Das fängt ja gut an.
Wir fahren entlang der grünen Tonnen, immer außerhalb der Seefahrtstraße, aus der We
sermündung hinaus. Bis zur grünen Tonne H Reede. Hier setzen wir einen neuen Kurs ab,
auf das Jadefahrwasser vor Wangerooge auf die grüne Tonne 17. Nun müssen wir das
Fahrwasser queren. Das sollte immer so schnell wie möglich passieren und auf keinen
Fall darf die Berufsschifffahrt im Fahrwasser behindert werden. Da das Fahrwasser hier
nicht so breit ist, sind wir schnell durch. Nun haben wir die Insel Wangerooge an backbord
Unser neuer General Kurs ist West.
Inzwischen ist es dunkel geworden und wir sehen die Lichter an Land von Wangerooge.
Der Wind kommt jetzt direkt von hinten. Bei den hohen Wellen und dem achterlichen Wind
ist unser Boot enorm am „geigen“. Ich bin am Ruder und habe große Mühe das Boot nach
jeder Welle wieder auf Kompasskurs zu bringen.
Vor achterlichem Wind lau fend, wenn segeln die reinste Freude ist, tendiert man dazu,
zunehmende Wind nicht ernst zu nehmen. Diese Gefahr besteht hier nicht. Wir spüren den
zunehmenden Wind an dem immer höher werdenden Seegang. Es ist beängstigend, wenn
am Heck die Brecher zu hören sind. Die Windflower wird regelrecht angehoben und dann
geht es bergab, so an die fünfzig bis hundert Meter ins Wellental und dann kommt die
Nächste Welle und wieder stürmt unser Boot vom Wellenberg ins Tal. Gut das die
höchsten Wellen nur gelegentlich kom men. Ludwig behauptet, es wäre jede siebte Welle.
Dabei versuche ich immer wieder den Gene ralkurs Westen einzuhalten. Ein paar mal, als
ich nicht aufmerksam genug bin, packt uns so eine Welle und das Boot läuft aus dem
Ruder. Die Windflower luvt an und legt sich auf die Seite. Der dabei entstehende
Ruderdruck ist sehr groß. Was ist, wenn das Ruder bricht? Das wäre bei dem Wellengang
und dem Wind die Katastrophe.
Alle sind auch im Cockpit angegurtet und halten sich nur noch fest. Gischt und
überkommendes Wasser läuft oft badewannenweise über das Deck bis in die Plicht.
Schnell ist alles mit einer Salzkruste überzogen.
Durch die heftigen Bootsbewegungen ist unter Deck ein Chaos entstanden. Die Schubla
den und Luken sind aufgerissen und der Inhalt verstreut sich im Salon.
Nur Ludwig und Rudi sind in der Lage sich dort aufzuhalten. Paul und ich werden dort un
ten gleich Seekrank. Das behindert unsere Navigation etwas. Denn Paul kann sich nicht
unten an die Seekarte setzen. Das muss Ludwig machen und Pauls Anweisungen ausfüh
ren.
Wir fahren in die dunkle Nacht hinein. Unsere Positionslampen sind an und wir können so
von anderen Fahrzeugen erkannt werden. Ludwig und Rudi sind zum Ausguck be stimmt
und müssen nach vorn Steuerbord und Backbord Ausschau halten, denn es be steht die
Gefahr, dass Fischereifahrzeuge unseren Kurs kreuzen.
Unsere Position ist unsicher. Wir haben nur unseren geplot eten Ort. Darauf kann man
sich bei dem Wetter nicht mehr sicher verlassen. Wir sichten keine Tonnen oder
Seezeichen, die unsere Position bestätigt hätten.
Zwei Stunden später entschließt sich Paul uns Gewissheit zu verschaffen. Nördlich von
uns verläuft die Seefahrtstraße, die gut mit Leuchttonnen versehen ist. Er sagt mir, dass
ich im spitzen Winkel darauf zufahren soll. Dazu musste ich einen etwas nördlicheren Kurs
nehmen. Durch den hohen Seegang sind die Leuchttonnen nicht so schnell auszuma
chen. Aber die Richtung ist klar und wir werden sie schon irgend wann sichten.
Aber nach einer Stunde haben wir dann ein überraschendes Erlebnis. Plötzlich ist vor uns
auf unserem Kurs eine riesige Wand. Mit dem Handscheinwerfer können wir es dann
erkennen, es ist ein großer Frachter, der offenbar auf Reede liegt. Seine Ankerlichter ha
ben wir nicht gesehen, weil sie für uns viel zu hoch sind und die hohen Wellen unsere
Weitsicht behindern. Schnell drehen wir ab, um uns von dieser Gefahr frei zu segeln.
Nach einiger Zeit ist eine Tonne des Schifffahrtsweges erreicht. Wir zählen ihre
Lichterkennung aus und können sie so identifizieren. Nun haben wir wieder eine sichere
Position. Paul bestimmt einen neuen Kurs und ich gebe mir Mühe ihn einzuhalten.
Der Wind und Seegang hat sich nicht verändert. Wir haben uns aber inzwischen besser
darauf eingestellt. Irgendwie muss ja auch mal jemand schlafen. Paul schickt abwechselnd
im Stundentakt einen von uns nach unten, der versuchen soll etwas zu schlafen.
Gegen Morgen komme ich dran. Paul übernimmt das Ruder. Ich gehe nach unten. Hier ist
ein fürchterliches Getöse und Gekrache. Wenn das Boot mit hoher Fahrt von der Welle
herunter schießt und in die nächste Welle kracht, gibt es einen lauten Knall und einen
fürchterlichen Ruck. Wie soll man dabei schlafen? Nach dem ich mich in einer Koje
verkeilt habe, schlafe ich tatsächlich nach einer Weile ein. Ich bin wohl müde genug.
Immerhin habe ich mehr 10 Stunden am Ruder gestanden und habe mit dem Sturm
gekämpft. Irgendwann werde ich gerüt telt und werde wach.
Ich muss pinkeln. Mir ist klar, dass das nicht über die Reling geht. Also auf unsere Bord
toilette. Das ist natürlich ein ganz besonderes Erlebnis. Erst mal muss alles ausgezogen
werden. Erst die Rettungsweste, Lifegurt und dann den Overall. Bei alle dem muss man
sich ständig fest halten um nicht quer durch den Salon zu fliegen. Die Schwierigkeit kommt
aber dann, wenn man sich von der Toilette erhebt, um die Hose hoch zu ziehen muß man
mit beiden Händen anfassen. In diesem Moment kann man sich nicht festhal ten. Das
Boot macht eine Satz und ich krache mit dem Kopf an die Holzverkleidung. Später konnte
mein Kopf viel von dieser Prozedur erzählen, die man wie verständlich, ja öfter
durchmachen musste.
Ich gehe wieder hoch und sehe, dass der Morgen graut. Nach einigen Instruktionen, über
nehme ich wieder das Ruder. Paul geht nach unten. Südlich Achteraus sehen wir das
Leuchtfeuer von Wangerooge. Dann ist die Insel backbord von uns Spiekeroog.
Offenbar läuft uns jetzt die Strömung entgegen. Dadurch werden die Wellen noch höher
und vor allem steiler. Wellentürme erheben sich wie bedrohliche Monster. Das Segeln
gleicht einer wilden Achterbahnfahrt. Als Steuermann muss man auf der Hut sein und die
gefährlichen, brechenden Wellenkämme nach Möglichkeit aussteuern.
Das Boot arbeitet sich Meter für Meter hinauf, durchschneidet den schäumenden Kamm
und braust auf der anderen Seite ins Wellental hinab. Der Druck auf das Ruderblatt ist
enorm, und ich muss mit beiden Händen und allen verfügbaren Kräften gegen halten um
nicht in den Wind zu schießen.
Mit aufgerissenen Augen sehe ich die nächste heranrol
lende Welle und schätze die Stelle ab, wo ein Schneiden des Kammes am günstigsten er
scheint.
Die achterliche See bringt zwar im allgemeinen das Schiff, ähnlich wie Rücken wind,
schneller voran, ist aber nicht ohne Risiken. Bei starkem Seegang kann sie nämlich,
abhängig von Schiffsgröße und Geschwindigkeit, gefährlich werden, da sie die Lage des
Schiffs im Wasser destabilisiert. Große Wellen können das Schiff „überlaufen“, also das
Bootsdeck überspülen, oder das Heck anheben und das Schiff mit dem Vorderteil voraus,
in die nächste Welle hinein, unter Wasser drücken. Durch die Bewegung des Wassers,
wird das Ruder von hinten angeströmt und hat so keine Wirkung mehr, das Schiff ist nicht
mehr steuerbar.
Paul und ich haben uns auf eine besondere Steuertaktik geeinigt. Ich fah re die Welle
schräg hinunter, und die nächste auch schräg in die andere Richtung wieder hinauf. So
bringe ich etwas Geschwindigkeit aus der Fahrt. Ich muss nur sehen, dass ich den
grundsätzlichen Kompasskurs einhalte. Gelegentlich steigt aber eine von den achterli chen
Seen in unser Cockpit ein. Dann ist plötzlich das halbe Cockpit überflutet. Gott sei Dank
fließt es aber ziemlich schnell durch die großen Lenzrohre wieder ab.
Uns wird allen klar, dass wir nun in einen ausgewachsenen Sturm geraten sind.
Mit dem Begriff "Sturm" wird viel Schindluder getrieben. Sieben Windstärken sind für ein
kleines Fahrtenboot richtiger Sturm, für eine 16 Meter lange Segelyacht eine harte Brise.
Nach meinen Recherchen im Wetterarchiv, hatten wir für den 20.05. im Bereich Nordsee
etwa 8-9 Windstärken. Das war für unser kleines Boot schon eher im Bereich Or kan.
Plötzlich kommt Paul wieder an Deck. Sein Gesicht ist kreidebleich. Er hat sein
Seemannsmesser in der Hand und wir erschrecken. Er klappt das Messer auf und sagt zu
Ludwig:“Schneide mir einen Schlitz in die Hose, ich muss pinkeln und das Abenteuer auf
der Toilette mache ich nicht mit“. Ludwig macht sich an die Arbeit. Das Messer ist sehr
scharf und bei der heftigen Schiffsbewegung, könnten sehr schnell edle Teile verletzt
werden. Paul wäre nicht der Erste gewesen, der beim Pinkeln über die Re ling, über Bord,
gegangen wäre. Deshalb wurde er sorgsam angeleint und zusätzlich festge halten. Es
gelang und Erleichterung hatte nicht nur Paul, wir sind froh, dass nichts pas siert ist.
Im Laufe des Vormittags traut sich Ludwig etwas Essen im Salon zu erwärmen. Wir haben
einen Spirituskocher, der ziemlich fest in seiner Mulde steht. Ludwig findet eine Dose, von
der er annimmt, dass Eintopf drin ist. Man konnte nicht sicher sein, denn die Etiketten
haben sich abgelöst. Er findet sogar einen Dosenöffner. Der Spirituskocher brennt und er
nimmt einen großen Kochtopf, von dem er glaubt, dass der Inhalt, trotz der heftigen
Schiffsbewegung, drin bleiben könnte. Irgendwann reicht er den Topf mit vier Löffeln ins
Cockpit. Gemeinsam essen wir den warmen Eintopf. Ich meine, es ist eine ganz
besondere Leistung von Ludwig. Keiner hätte es sonst gekonnt. Es tut allen sehr gut.
Die Situation mit dem Seegang und dem Wind hat sich nicht verändert. Die ostfriesi schen
Inseln liegen in guter Sichtweite, an unserer backbord Seite. Ein paar Mal gelingen uns
Peilungen auf Leuchttürme und andere Seezeichen. So das wir jetzt eine relativ siche re
Position haben.
Plötzlich meldet Rudi, dass im Salon Wasser steht. Etwa 5 bis 10 cm hoch. Es ist nicht
gerade Panik, was uns durchfährt, aber große Unsicherheit. Woher kommt das Wasser?
Wir beginnen sofort zu pumpen. Paul ordnet an mit einem Peilstab unten im Salon die
Wasserhöhe zu prüfen, damit wir unsere Pumperfolge messen können. Es senkt sich erst
etwas ab, aber dann kam die Nachricht, dass es wieder etwas gestiegen ist. So muss im
Wechsel ständig gepumpt werden. Die Pumpe kann vom Cockpit aus bedient werden. Ich
beteiligte mich nicht an diesen Dingen, denn ich habe mit dem Steuern des Bootes ge nug
zu tun.
Unsere am Heckkorb angebrachte Rettungsinsel sprang durch die ständigen Seen, die sie
immer wieder anhoben, aus ihrer Halterung. Sie wurde gegen eine Decksklampe ge
schleudert und erhielt dadurch ein Loch in der Außenhülle. Die Rettungsinsel wird in die
Halterung zurück gedrückt und zusätzlich mit einem Tampen gesichert.
Wir stellen auf Grund unserer Navigation fest, dass unsere Geschwindigkeit über Grund
nicht mehr als 3-4 Knoten ist. Die Wellen, in die wir immer wieder hinein knallen, stoppen
das Schiff abrupt und wir stehen, bis wir einen neuen Anlauf auf den nächsten Wellenberg
nehmen. Dazu kommt der entgegenlaufende Strom.
Inzwischen haben wir die letzte ostfriesische Insel Borkum vor uns. Als sie querab liegt, ist
es schon wieder dunkel geworden. Wir können das Leuchtfeuer von Borkum identifizieren.
Uns ist klar, dass der Kampf mit dem Seegang und dem Wind, in der Nacht nicht leichter
werden wird. Auch macht das eingedrungene Wasser, welches Gott sei Dank nicht weiter
ge stiegen ist, uns Sorgen. Wir gehen mit einer sicheren Position in die Nacht hinein. Ein
paar mal bekommen wir Tonnen zu Gesicht, die wir gleich für unsere Kursberichti gung
nutzen. Nur kann ich den Kurs halten? Ich gebe mir alle Mühe. Manchmal, wenn das Boot
die Welle hinunter fährt und in den nächsten Brecher donnert, gibt es einen sol chen Knall,
dass man glauben kann, das Schiff sei auf Beton aufgeschlagen.
Meine Kameraden wollten mich am Ruder ablösen. Paul sagt aber: „Nein, der Jürgen fährt
weiter. Er hat von uns allen die meiste Erfahrung beim Steuern gesammelt.“ Nach einer
Stunde übernimmt Paul das Ruder und schickt mich nach Unten. Wie sollte ich hier
schlafen? Das Wasser schwappte auf dem Boden und der Lärm ist noch lauter geworden.
Wiederum klemme ich mich in der Koje fest und es dauert sehr lange bis ich einschlafe,
begleitet von wilden Träumen.
Zwei Stunden lässt man mir. Dann kommt Ludwig und weckt mich. Natürlich muss ich
wieder die Prozedur auf der Toilette durchstehen.
Ludwig zeigt mir meine Fototasche, die mit meiner Ausrüstung im Wasser schwimmt. Er
dachte wohl, ich könnte sie noch retten. Ich sage ihm aber: “Die brauche ich nicht mehr.“
Wie er mir später erzählte, dachte er: Jürgen hat uns aufgegeben, er glaubt nicht mehr,
dass wir hier noch wieder heraus kommen. Das hat ihm sehr zu denken gegeben, was sei
ner Verfassung nicht sehr zuträglich war.
Wir müssten jetzt die Westfriesischen Inseln backbord haben. aber wissen nicht genau
welche der Inseln, weil wir noch kein neues Leuchtfeuer identifiziert haben. Aber dann se
hen wir das Licht von Nordertooren auf Schiermanikoog. Da der Tag graut, können wir
auch die Insel ausmachen. Sie liegt wie eine graue Masse backbord von uns.
Von unten aus den Salon kommen keine guten Nachrichten. Das Wasser ist weiter ge
stiegen, obwohl Ludwig und Rudi sich ständig an der Pumpe ablösen.
So wie es heller wird, stellen wir die Schäden fest, welches unser Boot in der Nacht be
kommen hat. Die vordere Positionslampe und das Kabel vom Dampferlicht, sind durch
Wellenschlag abgerissen. Wir sind also in der Nacht für fremde Schiffe nicht mehr auszu
machen. Das ist eine Gefahr, die man nicht unterschätzen darf. Wir hoffen aber, dass wir
die nächste Nacht im Hafen von Terschelling verbringen können.
Das Wetter hat sich nicht verändert. Wir müssen also weiter kämpfen. Gegen zehn Uhr
plötzlich ein Peitschenknall. Das Backstag an der Steuerbord Seite hat dem Druck nicht
mehr standgehalten und reißt aus der Verschraubung und peitscht über Deck. Na türlich
sind wir sehr erschrocken. Aber wir haben noch das zweite Backstag und hoffen, dass es
ausreicht um den Mast zu stabilisieren.
Als wir in der Höhe von Ameland kommen, werden wir über Funk vom Leuchtturm Bran
daris auf Terschelling angerufen. Er hat uns auf dem Radar und erkundigte sich ob alles in
Ordnung sei oder ob wir Schwierigkeiten hätten? Paul spricht mit dem Lotsen auf dem
Leuchtturm und lässt sich unsere Radarposition geben. Man fragt auch nach unserem Ziel
und Paul nennt den Hafen von Terschelling. Darauf erklärt der Lotse, dass wir im Tho mas
Shmidt Gat mit Grundseen rechnen müssten und wir brauchen einen guten Motor um dort
gegen Strom und Wind einzulaufen. Paul schilderte dann den Zustand unseres Bootes,
vor allem, dass wir inzwischen 40 cm Wasser im Boot haben und die Situation mit unserer
Beleuchtung.
Darauf hin lässt Paul den Motor probeweise einmal laufen. Er springt an und geht dann
nach kurzer Zeit wieder aus. Paul geht runter zum Motor. Es dauerte eine ganze Weile bis
er sagt: „es ist Wasser im Diesel“. Er wechselt den Dieselfilter und startet neu. Wieder
springt der Motor an und erstirbt nach kurzer Zeit. Paul kommt wieder hoch und man sieht
ihm an, wie viel Kraft ihn die Arbeit am Motor unter Deck gekostet hat. Er ist der Meinung,
dass wir das Problem nicht lösen können und auf den Motor verzichten müssen. Die einzi
ge Möglichkeit wäre noch nach Iymuiden zu segeln, aber das wäre eine weitere Nacht und
das ohne Beleuchtung mit dem steigenden Wasser im Boot. Außerdem könnten wir das
gesamte Rigg auf Grund des ausgerissenen Backstags verlieren. Es wäre ein großes
Risiko.
Plötzlich sichten wir einen Segler, der uns auf am Wind Kurs entgegenkommt. Er trägt
Sturmsegel und kämpft gegen die ihm entgegen laufende See. Das Boot hat eine ähnli
che Größe wie unsere Windflower. Die Männer an Bord winken uns zu. Wir bewundern die
Crew, die bei dem Sturm am Wind fährt. Wissen wir doch, was das für ein fürchterlicher
Ritt ist.
Paul spricht noch einmal mit dem Lotsen auf Brandaris. Und schildert unsere Lage. Der
Lotse rät uns Schlepphilfe zu nehmen um uns in den Hafen von Terschelling schleppen zu
lassen.
Paul meldet über Funk ein Telefongespräch mit seiner Frau an. Er lässt sich dann von ihr
einige Passagen aus der Versicherungspolice der Windflower vorlesen.
Um 17:30 erreichen wir die Tonne VSM . Von hier würde man in das Seegat von Terschel
ling einlaufen. Das geht aber ohne Motorhilfe nicht. Über Funk sprechen wir noch einmal
mit dem Lotsen von Brandaris und bitten um Schlepperhilfe.
Wir erhalten die Weisung bei der Tonne VSM zu bleiben und hier den Schlepper zu erwar
ten. Das bedeutet zu kreuzen und nicht länger vor Wind und Seegang zu laufen. Um zu
kreuzen brauchen wir andere Segel. Ein Sturmsegel als Groß und ebenso eine Fock, die
dem Wind standhält. Nun sollten wir erfahren, welch großer Unterschied zwischen am
Wind und achterlichem Wind bei diesem Sturm besteht.
Ludwig und Paul machen sich fertig das Sturmsegel zu setzen. Ich muss meinen Kurs
verlassen und mehr an den Wind heran gehen.
Die Nordsee tobt. Böen der Windstärke neun peitschen das Meer. Brutal reißt es den Bug
der „Windflower“ in die Höhe. Dann taucht sie wieder ab, schneidet durch die steilen Wo
gen. Sturzbäche rauschen über das Boot. Die Nordsee schlägt mir ihre Ladung ins Ge
sicht. Kübel weise geht Wasser auf mich nieder, sickert mir in den Nacken, läuft in die Är
mel. Auf meinen rauen Lippen brennt das Salz. So schmeckt ein Sturm.
Ich klammere mich ans Ruder und versuche uns halbwegs auf einem Kurs zu halten, der uns erlaubt
das Sturmsegel zu setzen, was sich für Ludwig und Paul als sehr schwierig erweist, da der Wind es
immer wieder aufbauscht. Sie kämpfen mit ihrem Gleichgewicht und dem schlagenden Segel. Wäre
da nicht die Sicher heitsleine hätten sie wohl schon längst schwimmen müssen.
Dunkle Massen mit Gischtbergen wandern mit Getöse vorwärts und begraben uns fast un ter sich.
Wir sind unendlich froh, als die Beiden wieder im Cockpit landen. Nun holen wir die Schoten an
und beginnen anzulufen. Kaum fangen die Segel wieder Wind legt sich die „Windflower“ 40 Grad
auf die Seite. Das Deck, auf dem ich stehe, taucht unter, ein Bre cher schlägt mir die Beine weg.
Gott sei Dank bin ich angeleint! Mühsam rappele ich mich wieder auf. Ich stehe bis zu den Knien
im reißenden Wasser und halte das unter enormem Druck stehende Ruder. Der Schweiß rinnt mir
den Rücken hinab, ich atme heftiger.
Das ist mit nichts von dem zu vergleichen, was wir vorher erlebt haben. Inzwischen sind wir schon
ein großes Stück von der Tonne VSM abgekommen. Also bereiten wir die Wende vor. Ich gebe als
Steuermann das Kommando.
Die Jacht geht mit der Nase durch den Wind, für einen Augenblick schlagen die Segel. Kaum
fangen sie wieder Wind, legt sich das Schiff auf die andere Seite. Nach jedem Wendemanöver muss
das Vorsegel dicht geholt werden. Bei acht Windstärken eine üble Schufterei. Über die Winschen
holen wir die Schoten so dicht, dass wir noch einen möglichst hohen Kurs am Wind fahren kön nen.
Langsam nähern wir uns wieder der Tonne. Unter ständigem Kreuzen gelingt es uns in der Nähe der
Tonne zu bleiben.
Paul hat sich verändert. Seine Lippen bewegen sich murmelnd und auf seiner Stirn er
scheinen Falten, als ob er über etwas nachgrübelt. Es ist wohl nicht die dramatische Lage,
die wir bei diesen Kreuzkursen, durchstehen müssen, sondern mehr die Sorge, ob er die
Situation mit der Versicherung richtig eingeschätzt hat. Es würden enorme Kosten für das
Abschleppunternehmen auf uns zu kommen.
Das Kreuzen an der Tonne VSM kostete viel Kraft. Immer wieder müssen wir wenden und
den Gegenkurs steuern. Das Boot macht einen wilden Tanz und wir werden ein Teil des
Wassers, was vom Bug her über uns hereinbricht.
Um etwa 18:45 sichten wir das Schleppboot. Wir bekommen sofort Funkverbindung. Es
wird verabredet erst eine dünne Leine vom Schleppboot anzunehmen. Dabei dürfen wir
uns nicht zu sehr nähern, weil sonst eine große Welle beide Boote zur Kollision bringen
könnte. Mal ist der Schlepper hoch über uns und dann sind wir wieder oben auf einer
Welle und sehen auf das Boot hinunter. Die Seeleute auf dem Schleppboot verstehen ihr
Handwerk. Es dauert nicht lange und Rudi hat die Wurfleine zu fassen bekommen. An die
se Leine wird nun die dicke Schlepptrosse gebunden. Es sind übermenschliche Anstren
gungen, die die drei, Paul, Ludwig und Rudi brauchen um die Schlepptrosse durch das
Wasser auf unser Boot zu ziehen. Ich muss mit großer Konzentration das Meinige tun um
nicht mit dem Seehund, so heißt das Boot unserer Retter, zusammen zu stoßen.
Irgend wann ist die dicke Schlepptrosse bei uns an Bord. Sie muss jetzt so schnell wie
möglich fest gemacht werden, um sie nicht durch einen plötzlichen Ruck wieder zu verlie
ren. Die Klampe am Bugkorb würde den enormen Druck und die Stöße und das Rucken
beim Anziehen nicht standhalten und ausreißen. Deshalb müssen wir die Trosse über die
Klampe zum Mast führen und sie dann um den Mastfuß binden. Paul und Ludwig müssen
nach vorne, das ist enorm gefährlich, denn das Vorschiff ist ständig unter Wasser. Paul
sagt noch: Grüßt meine Frau und macht sich auf den Weg, Ludwig hinter ihm. Oft sind sie
unter dem Ansturm der Brecher nicht mehr zu sehen. Mit eisernem Willen bezwingen sie
dieses Tau Ungeheuer. Die Trosse ist fest. Nun müssen noch die Segel geborgen werden.
Paul und Ludwig müssen noch einmal alles geben und die stark flatternden Segel bergen.
Rudi zieht sie von hinten in den Salon hinein. Als die Segel weg sind zieht die Seehund
langsam an und die Trosse wird straff. Mit großer Kraft zieht der Schlepper uns nun lang
sam gegen den aus dem Gatt laufenden Strom. Paul sagt nun: „Alles nach unten und das
Steck - Schott zu, Jürgen bleibt alleine oben. Der Mast könnte herunter kommen“.
Ja, wenn der Mast herunter kommt, muss einer geopfert werden. Das kann nur der
Steuermann sein, der muss ja sowieso am Ruder bleiben.
Die Seehund zieht uns nun durch den steilen Seegang. Nach meinem Gefühl schleppt
sie mit viel zu hoher Geschwindigkeit. Unser Boot wird fast unter Wasser gezogen. Ich
habe große Mühe noch etwas zu sehen, weil das Wasser mit solcher Wucht vom Bug her
in das Cockpit spritzt, dass ich zeitweise glaube, wir seien ein U Boot.
Nach etwa einer Stunde kommen wir in Landschutz und der Seegang lässt nach. Die
Fahrt wird bedeutend angenehmer. Aber immer noch wird unser Boot mit dem Bug fast un
ter Wasser gedrückt. Als der Hafen bald erreicht ist, ist der Seegang und der Wind mode
rat geworden. Paul ist inzwischen wieder im Cockpit. Da holt die Besatzung von der See
hund die Schleppleine dicht und die beiden Boote berühren sich fast. Ein Mann springt
über in unser Boot. Er hat einen Bergungsvertrag und will ihn unterschrieben haben. Da
Paul zögert, weil er erst den genauen Wortlaut lesen will, droht ein Mann auf der Seehund,
mit einer Axt die Trosse zu kappen. Paul unterschreibt und der Mann springt zurück auf
das Schleppboot.
Um 20:45 befinden wir uns im Hafen von Terschelling
Welch eine Ruhe nach dem Tosen der See und des Windes, nach dem Donnern des Boo
tes beim Aufprall auf die Wellen. Nun erst bemerken wir unsere Müdigkeit und Erschöp
fung, nach dem dreitägigen Kampf mit der See. Die holländischen Helfer, die uns hier in
Empfang nehmen, sind außerordentlich fürsorglich und liebenswürdig. Sie wissen auch,
was wir jetzt am dringendsten brauchen. Man führt uns in eine alte Segelmacherei am Ha
fen. Hier hat man Klappbetten mit Decken und Kissen aufgebaut und wünscht uns „een
goede Nacht”. Wir halten uns nicht mehr lange auf, nach dem wir unsere durchnäßten
Kleider ausgezogen haben, liegen wir auch schon im Bett und schlafen den Schlaf der
Erschöpften.
Es ist schon bald Mittag, als wir langsam wieder wach werden. Wir sehen uns erstaunt um
und betrachten unser Umfeld: alte Segel, Leinen, Tauwerk, und Werkzeuge für die
Segelmacherei. Wir suchen zwischen unseren nassen Sachen das Nötigste heraus um
nach Draußen gehen zu können. Als wir heraus kommen, empfängt uns blauer Himmel
und herrlicher Sonnenschein. Was für ein Hohn. Die Windflower liegt ordentlich vertäut
neben einem alten Holzschiff. Wir gehen an Bord und suchen uns etwas Kleidung aus den
Schränken. Auf dem Deck des alten Holzschiffes in der Sonne sitzend, frühstücken wir
Brötchen mit Aufschnitt. Natürlich werden die Ereignisse der letzten Tage noch einmal
eingehend besprochen, und das war auch nicht das letzte Mal.
Wir entnehmen den Navigationsunterlagen, daß wir etwa 160 Seemeilen gesegelt sind.
Das war für die Zeitspanne keine schnelle Reise, aber wir haben jede Meile in extremer
Situation erkämpft.
Für mich ergab sich auch noch ein sonderbares Ergebnis der Fahrt, mein Schulter -Arm
Syndrom, was mich ein Jahr fast nicht mehr arbeiten lies, war weg. Verschwunden in dem
Tag und Nacht andauernden Kampf am Ruder. Dann habe ich mich gefragt, ob ich über
haupt Angst gehabt hatte während dieses Törns? Nein, habe ich nicht gehabt. Nicht weil
ich besonders mutig bin, sondern weil ich einfach keine Zeit dafür hatte.
Nachmittags reparieren wir die Schäden an unserem Boot, pumpen das Wasser heraus
und finden den Fehler am Stevenrohr, wo sich Schrauben gelöst hatten und deshalb Was
ser durchgedrückt wurde.
Am nächsten Tag können wir unsere Reise fortsetzen und das Boot sicher bis Stavoren
zum Liegeplatz bringen.
Bliebe noch anzumerken, dass Ludwig im Hafen von Terschelling einen Mann von der
Besatzung des Seehunds traf, der ihm erzählte, dass sie in der Nacht noch wieder los ge
fahren sind, um den Segler zu bergen, der uns am Nachmittag begegnet war. Es war wohl
noch dramatischer als bei uns, denn es war eine Frau am Mast gefesselt, die den Stress
nicht mehr ausgehalten hatte und sich in das Meer stürzen wollte.
Unsere Versicherung bezahlte die Bergung, weil sie zur Abwendung von Totalverlust not
wendig war. Vorher musste aber noch ein Gutachter, die Hochseetauglichkeit der Wind
flower bescheinigen, was auch ohne Probleme bestätigt wurde. Außerdem wurde eine Be
fähigung des Skippers verlangt, was durch die Vorlage des Sportboot Führerscheins
belegt wurde.
Wenn man solche Ereignisse, wie bei diesem Törn erlebt hat, wo Charakter, Kraft, Durch
haltevermögen und Kenntnisse einer harten Probe unterworfen wurden, ist man stolz,
dass man diese Prüfung bestanden hat. Wenn man auch manchmal so mutlos werden
konnte, dass man glaubte, die Götter hätten uns verlassen – aber danach, ah, mit welcher
Freude erinnert man sich daran und mit welchem Genuss berichtet man anderen Seglern
und Freunden davon.
Jürgen Boos
Brandaris auf Terschelling
Texte
Abenteuer im Hafen
Ein Segelabenteuer in den Niederlanden beginnt oft schon in den Häfen. Mittelalterlich ist das Gewand vieler
älterer Städte, hanseatisch das Flair, maritim und romantisch geben sich die Häfen in den kleinen Städten.
Hoorn war immer wieder Ziel unserer Wochenendfahrten mit der Windflower.
Rund um den Hafen finden Alt und Neu zusammen Unser Ziel am Abend waren meistens die alten „braunen“ Kneipen
(hat nichts mit politischer Gesinnung zu tun), denn in diesen Kneipen, mit ihrer charakteristischen dunklen
Einrichtung, findet man die typische holländische"Gezelligheid".
Hier trinken die Hoorner am Feierabend ihr Bier. Sie spielen mit Freunden Karten und geben, zusammen mit
starken Geschichten Lebensweisheiten von sich.
Eine Randbemerkung: diese "Gezelligheid" ist so typisch für die Niederlande , dass man das Wort kaum übersetzen
kann. Im Deutschen ähnelt ihm "Gemütlichkeit" oder "Geselligkeit" noch am meisten.
Die 'braunen' Kneipen haben jedoch eine Reihe von gemeinschaftlichen Kennzeichen: Wände und Decken sind vom
Alter und Tabakrauch verfärbt, ein paar historische Prunkstücke werden gehegt und es gibt keine Musik. Die
einzigen Geräusche, die man hier hört, sind die Stimmen der Gäste und das Klirren der Gläser beim Abwaschen
Als „Seemänner“ wußten wir: „Nie die erste Kneipe im Hafen, mindestens die Zweite abwarten.“
So gerieten wir wieder in unsere, von vielen Besuchen vertraute, Kneipe. Hier landeten selten die im edlem
Sportzeug, den Lacoste Pullover lässig über die Schulter drapierten Crews der Zahnarztyachten.
Wenn Holländer in ihrer Stammkneipe sind, haben sie meistens Lust zu reden, und in einer 'braunen' Kneipe kommt
man denn auch einfach mit Ihnen ins Gespräch. Sogar wenn man kein Wort Niederländisch versteht, denn Hoorner
sprechen gerne in unserer Sprache mit uns (und meistens können sie es ganz gut)
Wir Menschen sind ja Abenteurer, manchmal auch, wenn wir es gar nicht sein wollen. Doch lauern uns immer
wieder neue Geschichten und Erlebnisse auf. Keine Chance zu entkommen, wir stecken mittendrin.
Jedenfalls von dem Moment an wo ich mich auf den freien Barhocker neben der Dame mit den langen roten Haaren
setzte. Meiner Crew war es ernst mit dem Kneipenbesuch. Jedenfalls landeten die Heineken in derart schneller
Folge vor mir, daß mir keine Zeit blieb meine Nachbarin ausführlich zu betrachten geschweige denn anzusprechen.
Erst als ich die Bier-Flut durch Nichtbeachten dämmte, gelang mir ein Blick auf die Frau neben mir. Feuriges Rot
bis auf die Schulter und auch schon etwas reif bis auf das gewagte Dekolleté. Aber sicher anziehend und von
etwas umgeben was ich schon in Romanen gelesen hatte, dort nannte man es Flair, jedenfalls stellte ich es mir so
vor.
Sie trank Rotwein. Nein sie nippte nicht an ihrem Glas, sie trank. Aber die Seele aller Wesen ist ihr Duft. Der
Duft, der sie umgab, war wie der warme Sommerabend, der die verborgene Verheißung kommender Nächte in sich
birgt. ...
„Yvonne“ stellte sie sich mir vor. Ich entgegnete verhalten „Jürgen“
Ihre Stimme so abwechslungsreich wie die Jahreszeiten. Sie klang mal sanft, mal erotisch und mal burschikos. Man
wußte nie, worauf man bei ihr gefaßt sein mußte.
Sie sah mich mit ihren auffallend grünen Augen, die wie tiefe Seen in den Höhlen lagen, intensiv und neugierig an,
als würde sie zum ersten Mal einen Menschen sehen,
was mich leicht nervös auf meinem Hocker hin und her rutschen ließ. Sie muß bemerkt haben, dass in ihrer
Gegenwart meine Sicherheit ins Wanken geriet, doch sie lachte nur kokett.
Dann sagte sie: “Hat er Dich geschickt“?
„He....- was....- entschuldige - ich verstehe nicht...“ stammelte ich sehr verunsichert.
“Ob er Dich geschickt hat, habe ich gefragt“!
Ich faßte mich und sagte tapfer und jetzt wieder mit fester Stimme, ich bin schließlich der Skipper: „Wen meinst
Du?“
Sie schaute mich sehr überlegen und voll enormen Selbstbewußtseins an
„Ich spüre es, er hat Dich geschickt.“
Rätsel in meinem Kopf und sicher auch in meinen Blicken.
´Jürgen, blamiere Dich jetzt nicht, bleib cool´.
„Na Du weißt es doch, Du kommst von Iwan.“
Nein, nun wußte ich gar nichts mehr. Ich stürzte erst mal eines von den wartenden Bieren herunter.
„ Na, dann trink erst mal mit mir, dann erkläre ich es Dir.“
Ich erhob ein Bierglas und prostete ihr zu. Das war offensichtlich falsch.
„Nein. So geht das nicht.“ sagte ihre rauchige Stimme.
Ein kleiner Wink zum Wirt und schon hatte ich ein Glas Rotwein vor mir stehen. Ich stieß mit dem Rotwein mit ihr
an und unsere Gläser klangen.
Dann begann sie zu sprechen:
“Also, das ist so. Ivan Rebroff ist mein Seelenverwandter. Er spürt sofort wenn ich einsam bin und dann schickt er
jemand. Er hat Dich geschickt“.
„ Ja,“ sagte ich, „das stimmt, er war eben bei mir an Bord“.
„Das braucht er nicht“ sagte sie mit überlegenem Tonfall.
„Er kann es dir auch aus der Entfernung mitteilen. Und Du bist ja auch tatsächlich hier.“
Ich war da und Ivan hat mich geschickt, ist doch klar, und daß ich nichts davon gemerkt habe liegt sicher am
Heineken.
„Laßt uns noch mal anstoßen, dann erzähle ich Dir von ihm.“
Wieder klangen die Gläser.
„ Ja,“ sagte sie, „Ivan ist mein Seelenverwandter. Wenn er in einer Kirche singt, singt er nur für mich.“
Ungläubig sah ich sie an, war sie irgendwo aus einer Heilanstalt entsprungen? Aber gefährlich war sie anscheinend
nicht. Oder doch? War sie eine gefährliche Frau, die arglose Männer in ihren Bannkreis lockte um sich an ihnen zu
vergehen? Nein vor solcher Gefahr war mir nicht bange.
Tapfer sagte ich: “Erzähle mir von ihm“.
Sie redete weiter:„Ja das mit der Seelenverwandtschaft sage ich nicht nur daher. Wir kannten uns in unserem
vorigen Leben. Aber bevor ich weiter spreche: ich bin sehr sensibel und wenn Du mich nicht ernst nimmst, gehe
lieber.“
Ich versicherte ihr, daß ich mir Mühe geben werde sie in Ruhe und mit Aufmerksamkeit anzuhören.
Das mußte mit einem kräftigen Stoß des Weinglases besiegelt werden. Ich tat meine Pflicht und trank aus. Die
Gläser wurden sofort wieder gefüllt. Yvonne begann wieder zu sprechen:
„Ich lebte in meinem vorigen Leben an einem Fürstenhof im südwestlichen Rußland. Als Frau des russischen
Herrschers über ein großes Fürstentum. Ich war glücklich, wir waren sehr wohlhabend und ich hatte einen
wunderbaren Mann. Eines Tages bekam mein Mann Besuch von einem Freund aus seiner Militärzeit. Iwan war ein
großer starker Mann mit guten Umgangsformen, er war gebildet und romantisch.
Ich verliebte mich in ihn und spürte, daß auch er mir sehr zugetan war. Natürlich war uns beiden klar, daß niemand
von unserer Liebe erfahren durfte. Wann immer sich die Möglichkeit ergab, suchte ich seine Gesellschaft.
Eines Tages wurde eine große Jagd auf einen sich in den Gutswäldern herumtreibenden Bären angesetzt und viele
Gäste dazu eingeladen.“
Wir tranken wieder ein paar Schlucke Wein, während ich mir das Szenario einer russischen Bärenjagd vorstellte. -
Die russischen Wälder waren nur bei starkem Frost zu betreten und die Eiskruste mußte stark genug sein um das
Eindringen in die Wälder zu gestatten. Ich stelle mir vor, wie die Sonne an einem stahlblauen Himmel steht, wie die
Bäume und Sträucher blitzen und Funkeln wie Kristallsäulen oder seltsame Wundergewächse im Zauberpalast der
Natur. Ich sehe die prächtige Jagdgesellschaft. Die Herren in kostbaren Pelzen, die Dienerschaft in reicher
Livree. Die bellenden Hunde, eine Dame mit einem wallenden Zobelpelz auf einem herrlichen Braunen, trägt sie
nicht die Züge von Yvonne?...... Ich sehe ein prächtiges russisches Winterbild..... was ist los mit mir, wie kommen
diese Bilder in meinen Kopf?
Sie begann wieder zu sprechen.
„Während der Jagd geriet ich etwas abseits der Jagdgesellschaft in einen einsamen Teil des Waldes. Iwan war
bei mir. Erschöpft hielt ich an und er nahm mich in den Arm. Wir küßten uns leidenschaftlich und es gab kein
Halten mehr und wir liebten uns hingebungsvoll.
Es war einfach wunderschön... die romantische Waldlichtung, ich war erhitzt von dem scharfen Ritt, die
Zärtlichkeit und die verhaltene Kraft dieses atemberaubenden Mannes. Ich verging in seinen Armen voll Seligkeit.
Unvermittelt sprengte in ungestümen Galopp ein Reiter auf die Lichtung. Es war mein Gemahl. In einem wilden Satz
sprang er vom Pferd und vor Zorn sprühend zog er seinen Säbel.
Ich und mein Geliebter waren wie erstarrt vor Schreck.
Mit einem gewaltigen, einzigen Hieb entmannte mein Gatte seinen Freund, riß mich auf sein Pferd und galoppierte
davon.
Ist es da ein Wunder, daß wir, Iwan und ich, uns in diesem neuen Leben noch immer als zusammengehörig fühlen?“
Meine Finger hatten sich um mein Glas verkrampft, ich preßte meine Lippen zusammen, damit ich mich nicht
verriet und in Lachen ausbrach.
Sie schaute etwas verwirrt um sich, um jemanden zu erspähen, der Ihre Erzählung nicht ernst nahm. Ich weiß, sie
hätte keinen Augenblick gezögert und ihm ihr volles Weinglas ins Gesicht geschüttet.
Ich sah sie an und prostete ihr mit meinem Glas zu. Sie nahm ihr Glas an die Lippen und trank es in einem Zug leer.
Die in der Nähe sitzenden Gäste tranken ihr zu. Offenbar kannte man sich hier.
Dann wandte sie sich wieder mir zu und sagte leise: „Der größte Beweis dieser Geschehnisse ist seine Stimme“.
Ich schaute sie fragend an und sie sagte: „Denke an seinen großen Stimmumfang, der einfach einmalig ist.
Niemand, der in der Lage ist so einen tiefen Bass zu singen, kann diese enorme Tonhöhe erreichen, wie er es
vermag. Und das ist doch wohl einwandfrei das Stimmvermögen, wie es nur Kastraten eigen ist.“
Man kann mir glauben ich war beeindruckt.
Etwas unsicher und schwankend ging ich zur Toilette. Ich sah mich im Spiegel und schob die Röte in meinem
Gesicht dem Rotwein zu.
Wieder an der Theke angekommen, war ihr Hocker leer. Auf Nachfrage beim Wirt sagte er nur, „Sie hat bezahlt.“
Abenteuer im Hafen
Sturmfahrt 1977
·
Yvonne aus Hoorn
Ich
stehe
an
der
Hafenkante
und
schau
auf
die
leise
vor
sich
hin
dümpelnden
Boote.
Es
ist
dämmerig
geworden
und
der
leise
Seewind
bewegt
kaum
die
Wasseroberfläche.
Ich
muss
tief
Luft
holen.
Die
Erlebnisse
der
letzten
Stunde
in
der
Hafenkneipe,
und
nicht
zuletzt
der Rotwein, gehen mir im Kopf herum.
Etwas
entfernt
im
Päckchen
der
Gastboote
an
fünfter
Stelle
liegt
die
„Windflower“,
mit
der
wir
heute
bei
wunderbarem
Segelwetter
hier
ankamen.
Ich
denke
an
den
alten
Schlager „Blaue Nacht, o blaue Nacht im Hafen“.
Meine
Crew-Kameraden
hocken
noch
an
der
Theke
der
Hafenkneipe
und
trinken
Bier,
ich
denke
an
die
faszinierende
Frau
mit
den
roten
Haaren
und
ihre
Geschichte.
Sie
lässt
mich
nicht
los.
Was
war
das
für
eine
phantastische
Atmosphäre,
die
sich
um
sie
verbreitete? Aber wo ist die Frau geblieben? Sie verschwand plötzlich.
Jemand tippt an meine Schulter, erschrocken drehe ich mich um.
Sie
steht
vor
mir,
kein
Traum.
Das
feurige
rote
Haar
bewegt
sich
leicht
im
Abendwind,
aus
tiefen
Seen
schauen
mich
grüne
Augen
an.
Ihr
Duft
ist
betörend.
Ihre
Lippen
berühren
meine
Wange,
ziehen
weiter
in
Richtung
meiner
Lippen,
immer
näher, unsere Lippen berühren sich.
Ich
würde
für
nichts,
aber
auch
gar
nichts
auf
der
Welt
diesen
Augenblick
tauschen
oder missen wollen. Wir küssen uns. Lange, intensiv, ganz behutsam.
Ich
habe
nicht
viel
Zeit,
um
・er
die
Situation
nachzudenken,
denn
sanft
aber
bestimmt
lt
sie
sich
von
mir.
Vor
meinen
Augen
sehe
ich
ihre
aquamarinblaue
Brosche,
ich
starre
sie
an.
Sie
sieht
meinen
Blick
und
schaut
mich
an.
溺htest
Du
ihre
Geschichte
wissen?・Ich
sp・e
ihre
Traurigkeit;
ein
Glitzern
auf
ihren
Wangen.
Kleine
Perlen
huschen
hinab,
wollen
nicht
gesehen
werden
・ich
beuge
mich
vor
und
streiche
ihr
die
Tr舅e
von
der
Wange.
Sie
fl・tert
Цenn
Du
es
wirklich
hen
willst,
dann
komm
und begleite mich!・
Ich gehe mit ihr. Sanftes Licht erhellt die kleine Gasse. Langsam gehen wir die
2
Straße
hinunter,
schweigend.
Bei
jedem
Schritt
wird
mir
klarer,
dass
ich
wissen
möchte,
was
sich
hinter
all
dem
verbirgt.
Ein
paar
Worte,
sanft
und
doch
traurig,
sagen,
was
nicht
gesprochen
werden
will.
Einige
Sekunden
noch
hängen
die
Silben
in
der
lauen
Abendluft
bis
sie
verklingen.
Plötzlich
wird
mir
bewusst,
wie
sehr
ich
ihre
Gegenwart genieße, schon den ganzen Abend lang genossen hatte.
Sie lehnt sich näher an mich und ich genieße ihre Nähe.............
Wir
sind
da.
Ein
kleines
Haus.
Sie
öffnet
die
Tür
und
lässt
mich
eintreten.
Sofort
umgibt
mich
das
Flair
des
holländischen
Ambiente.
Behaglichkeit.
Nur
kleine
Lichtquellen aus Stehlampen hüllen die Wohnung in warmes, intimes Licht.
Sie
nimmt
mich
mit
auf
eine
steile
Treppe
und
öffnet
eine
Zimmertür.
Wir
schauen
in
ein
kleines
Schlafzimmer.
Ein
etwa
14-jähriger
blonder
Junge
schläft
in
seinem
Bett.
Sein
sympathisches
Gesicht
ist
voller
Sommersprossen.
Ich
werde
zurück
gezogen
und sie sagt: “Psst, wir wollen ihn nicht wecken.“
Im
Wohnzimmer
setzen
wir
uns
an
den
Esstisch.
Sie
stellt
eine
Flasche
Rotwein
auf
den
Tisch.
Daneben
einen
Korkenzieher.
Während
sie
Gläser
holt,
öffne
ich
die
Flasche und schenke ein.
Yvonne
lehnt
sich
in
dem
Sessel,
auf
dem
sie
Platz
genommen
hat,
zurück.
Bei
dieser
Beleuchtung
ist
sie
nur
als
dunkle
Silhouette
wahrnehmbar.
Wir
trinken
von
dem
Rotwein und sie beginnt zu erzählen, wie vorher in der Hafenkneipe.
・Meine
Geschichte
hat
noch
niemand
geht.
Nur
meine
Schwester
kennt
sie.
Ich
wei゚
nicht
genau,
warum
ich
es
Dir
erz臧le.
Aber
es
ist
ein
Gef・l
in
mir,
und
ich
richte
mich
nur nach Gef・len.
Mit
siebzehn
Jahren
lernte
ich
einen
jungen
Mann
kennen.
Klaas,
er
war
schon
über
zwanzig
und
er
zeigte
mir
die
Liebe.
Ich
liebte
ihn
über
alles.
Ich
wäre
mit
ihm
überall
hin
gegangen.
Wir
lebten
in
einer
eigenen
Welt,
und
für
mich
war
es
der
Himmel.
Ich
wurde
schwanger.
Er
sagte,
er
freue
sich.
Aber
um
uns
und
unserem
Kind
eine
gute
Lebensgrundlage
zu
geben,
müsse
er
gehen.
Er
hätte
eine
gute
Chance
in
Südafrika.
Er
wolle
gehen
und
alles
vorbereiten,
ich
sollte
dann
nachkommen,
wenn
er
eine
Lebensgrundlage
für
eine
kleine
Familie
geschaffen
hätte.
Zum
Abschied
gab
er
mir
diese
aquamarinblaue
Brosche.
Er
sagte,
sie
wäre
von
seiner
Mutter
und
sollte
immer
ein Zeichen für unsere Liebe und unsere Treue sein.
Ich
war
zwar
traurig,
sah
aber
die
Notwendigkeit
ein.
Er
flog
nach
Südafrika.
Ich
war
allein, aber ich freute mich unbändig auf unser neues Leben.
Es dauerte länger als erwartet und ich bekam meinen Jan. Meine Schwester war bei
3
mir
und
hat
mir
geholfen
und
mich
unterstützt.
Ich
bekam
nur
eine
Karte
von
Klaas.
Meine
Sehnsucht
nach
Klaas
war
riesengroß.
Ich
konnte
mir
nicht
vorstellen,
warum
es
so
lange
dauerte
und
warum
ich
so
wenig
von
ihm
hörte.
Ich
schob
es
auf
Schwierigkeiten,
die
er
nicht
bewältigen
konnte.
Meine
Geduld
wurde
auf
eine
harte
Probe gestellt. Jan wurde ein Jahr, und ich hörte nichts mehr von Klaas.
Ich
war
unglücklich
und
wollte
nicht
mehr
leben.
Ich
lebte
nur
für
Jan;
er
war
ein
wunderbarer
Junge.
Ich
lebte
mit
ihm
im
Haus
meiner
Schwester
und
hatte
einen
kleinen
Job
angenommen,
damit
wir
überleben
konnten.
Darüber
hinaus
sparte
ich
jeden Cent.
Als Jan etwa sechs Jahre alt war, buchte ich einen Flug nach Südafrika.
Vorher
hatte
ich
in
dem
Heimatdorf
von
Klaas
einige
Erkundigungen
angestellt.
Ich
hatte eine Adresse.
In
Johannesburg
gelandet,
mietete
ich
mir
einen
Geländewagen.
Kurz
und
gut,
etwas
irritiert
setzte
ich
mich
ans
Lenkrad,
das
in
südafrikanischen
Wagen
eher
unpraktisch vor dem Beifahrersitz angebracht ist.
Es
war
im
August,
also
im
südlichen
Hochwinter,
aber
warm
genug,
dass
ich
die
Fenster
herunter
kurbelte.
Eine
herrliche
Landschaft
zwischen
Atlantik
und
Indischem
Ozean
zog
auf
dem
Weg
an
mir
vorbei.
Nach
zwei
Stunden
Fahrt
sah
ich
ein
großes,
gepflegtes
Anwesen
vor
mir.
Es
war
von
einem
hohen
Zaun
umgeben.
Ich
fuhr
bis
ans
Tor.
Dort
arbeitete
ein
schwarzer
Mann
mit
einem
großen
Hut.
Auf
meine
Frage, wer hier wohnt, nannte er Klaas’ Namen. Es sei sein Herr.
Ich
wollte,
dass
er
mir
das
Tor
öffnete
und
ich
zum
Wohnhaus
fahren
konnte.
Das
dürfe
er
nicht,
da
sein
Herr
nicht
zu
Hause
sei.
Ich
wollte
wissen,
wo
er
sei.
Da
sagte
er
mir,
dass
er
mit
seiner
Frau
und
seinem
Jungen
in
die
Stadt
gefahren
wäre
und
erst gegen Abend wieder käme.
Ich
war
völlig
niedergeschlagen.
Jeder
Muskel
meines
Körpers
war
angespannt
und
ich
zitterte. Ob vor Wut oder Enttäuschung, weiß ich nicht mehr.
Ich
wartete
mehrere
Stunden
im
Auto,
bis
sich
ein
moderner
neuer
Geländewagen
der
Einfahrt
näherte.
Ich
stellte
mich
mit
meinem
Auto
quer
vor
die
Einfahrt.
Als
der
Wagen
heran
war,
sprang
jemand
heraus
und
lief
wütend
auf
mich
zu.
Es
war
Klaas.
Er
sah
unglaublich
gut
aus
und
mein
Herz
schlug
bis
zum
Hals.
Er
war
breiter
und
männlicher geworden, und er strotzte vor Selbstbewusstsein.
Ich
stieg
aus
und
wir
standen
uns
gegenüber.
Er
war
blass
geworden
und
sah
mich
an,
als
ob
er
ein
Gespenst
sähe.
Ich
hielt
ihm
die
aquamarinblaue
Brosche
entgegen
und
er wollte sie mir entreißen Er sagte: “Gib sie mir, sie ist von meiner Mutter“.
4
Inzwischen
waren
die
Frau
und
der
Junge
aus
dem
Wagen
gestiegen
und
fragten
Klaas, was los sei.
Es
war
eine
schöne
junge
Frau
in
aufrechter
Haltung
mit
einem
etwa
5-jährigen
hübschen
Jungen
an
der
Hand.
Klaas
hatte
sich
gefasst
und
sagte:
“Liebes,
setze
Dich
wieder in den Wagen, ich habe das hier gleich geklärt.“
Ich sagte: „Nein, bitte bleiben Sie hier, Sie geht es auch an.
Klaas, ich bin hier um Dich und Deine Familie zu verfluchen für das, was Du mir und
unserem Sohn Jan angetan hast. Du hast schwere Schuld auf Dich geladen. Du hast
mir das Vertrauen genommen zum Leben, das Vertrauen zum Vertrauen, das
Vertrauen in die Liebe, das Vertrauen in sich selbst. Du hast meine Seele zerstört. Du
hast eine unglückliche Frau geschaffen die mühevoll durch das Leben zieht auf der
Suche nach dem was du ihr vorenthalten hast. Auf der Suche nach dem Ende eines
Kreises. Den sie nie finden wird. Dafür hasse ich Dich, hasse dich, hasse dich ....
Sieh
noch
einmal
diese
Brosche
Deiner
Mutter
an
und
so
sicher
sie
Deine
Mutter
getragen
hat
und
so
sicher
ich
berechtigt
war
sie
zu
tragen,
so
sicher
wirst
Du
und
Deine Familie für diese Schuld büßen“.
Ich ging zum Auto, machte das Tor frei und fuhr zurück.
Ich fahre in eine unendliche unfassbaren Leere, sehe Die Welt um mich wie hinter
Glas. Unglaublich müde und kann keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen.
Ich
weiß
nicht,
wie
ich
zum
Flugplatz
zurück
gekommen
bin.
Wie
eine
Traumwandlerin
habe ich mich für den nächsten Flug eingecheckt und flog zurück.“
Yvonne
war
sichtlich
erschöpft
durch
ihre
Erzählung.
Sie
griff
nach
dem
Wein
und
leerte
das
Glas
in
einem
Zug.
Sie
atmete
schwer
und
ihre
Erinnerung
schien
ihr
schwer zu schaffen zu machen.
Sie
sah
mich
an
und
sagte,
ich
weiß
es
zwar
immer
noch
nicht,
aber
es
ist
etwas
in
mir,
das
mir
sagt,
dass
ich
es
Dir
erzählen
muss.
So
höre
nun
auch
den
Rest
der
Geschichte:
・In
Holland
angekommen,
suchte
ich
mir
mit
Jan
eine
Wohnung
im
Heimatdorf
von
Klaas.
Keiner
wusste
wer
ich
war,
aber
ein
paar
Mal
wurde
ich
wegen
der
Brosche
angestarrt.
Ich
wartete,
bis
ich
eines
Tages
hörte,
dass
die
Familie
von
Klaas,
der
inzwischen
wohlhabend
geworden
war,
ihren
berühmten
Sohn
mit
Familie
zum
Besuch
erwartete.
Ich erfuhr die Uhrzeit, wann er erwartet wurde.
5
Ich
kleidete
Jan
und
mich
in
unsere
beste
Garderobe
und
ich
ging
mit
ihm
zur
Kirche.
Die
Glocken
läuteten
und
das
Echo
der
Schläge
schien
unnatürlich
lange
in
der
Luft
zu
hängen.
Es
schien
fast,
als
würde
die
Luft
spüren,
dass
etwas
Schlimmes
sich
anbahnte
und
unumgänglich
war.
Als
wir
bei
der
Kirche
angekommen
waren,
gingen
wir
hinein.
Jan
fragte
mich:
“Was
machen
wir
hier?“
Ich
sagte
ihm:
“Das
Böse
ist
in
der
Luft,
hier
sind
wir
geschützt
davor
und
es
kann
uns
nichts
anhaben“.
Er
drückte
sich
ängstlich
an
mich,
aber
ich
sagte
beruhigend:
“Wir
sind
sicher,
hab
keine
Angst“.
Wir
saßen
eng
beieinander
in
der
Kirchenbank
und
sagten
nichts.
Jan
spürte
das
Besondere der Situation.
Plötzlich
hörten
wir
ein
Martinshorn,
und
ich
wusste,
es
ist
geschehen.
Jan
und
ich
gingen
hinaus
und
sahen,
wie
die
Menschen
in
Gruppen
zusammen
standen.
Wir
hörten,
wie
sie
sagten,
es
sei
entsetzlich
und
furchtbar
und
grausam.
Ich
fragte
in
einer
Gruppe,
was
geschehen
sei.
Man
sagte
mir,
Klaas
sei
in
seinem
Auto
von
einer
großen
Erntemaschine
überrollt
worden.
Nur
der
Fahrer
habe
überlebt
und
alle
anderen,
auch
die
junge
Frau
und
der
Junge,
seien
tot.
Da
fasste
ich
an
meine
Brosche
und
musste
laut
weinen.
Alle
sahen
sich
nach
mir
um
und
wunderten
sich
über
meine
Reaktion.
Jan
und ich zogen sofort aus diesem Ort fort.
Seit
der
Zeit
leben
wir
in
Hoorn.
Inzwischen
hatte
ich
Klaas’
Familie
von
dem
anderen
Sohn
von
Klaas
unterrichtet.
Sie
sahen
ihn
als
einen
Erben
an
und
wir
haben
ein
großes
Vermögen zur Verfügung.
Und
jetzt
geh
bitte.
Geh
bitte
und
suche
mich
nicht.
Komme
nie
wieder.
Stehe
einfach
auf
und
gehe
hinaus.
Ich
bringe
Unglück.
Du
kennst
jetzt
meine
Geschichte.
Ich
würde
gerne
bei
Dir
bleiben,
aber
es
wäre
nicht
gut.
Deshalb
geh
nun,
und
ich
danke für deine Geduld, mir zuzuhören.“
Yvonne
war
ganz
in
ihren
Sessel
zurück
gesunken.
Ich
erhob
mich
langsam
und
stolperte aus dem Haus heraus auf die Straße.
Milde Nachtluft und eine kleine Brise vom Hafen wehte mir entgegen.
Jürgen Boos
Eine
Fortsetzung
von
der
vorher
gehenden
Geschichte,
Abenteuer
im
Hafen
Mein bewegtes Leben
·
Monique aus der Bretagne
An Bord unserer Segelyacht Windflower, hatten wir immer ein sogenanntes Kritzel
Kratzel Buch. Eine Kladde, die mit einer Seekarte eingebunden war. Anke, meine
Tochter, hatte sie eingeführt, als sie so 10 Jahre war. Jeder der Lust hatte sollte
dort etwas hinein schreiben oder malen. Ich fand das Buch neulich im Bücherschrank,
als ich etwas ganz anderes suchte. Beim durchblättern fiel mir manche Episode aus
der aktiven Segelzeit wieder ein.
Die obige Eintragung von Monique, brachte mich auf die Idee, einmal aufzuschreiben,
wie es zu dieser Eintragung gekommen ist.
Paimpol
In geschützter Lage, am nördlichen Ende der Bucht von St. Brieu gelegen, ist Paimpol
eine vitale Hafenstadt. Es gibt keine schönen Strände. Die alte Hafenstadt hat in der
Vergangenheit Korsaren und Fischer beheimatet. Ihr authentischer Charme liegt
über der Altstadt. Von hier waren um die Jahrhundertwende die Schiffe nach Island
gesegelt um den Kabeljau zu fangen.
In diesem Jahr lag die Windflower, unsere Segelyacht, für ein paar Wochen hier.
Ausgangs- und Zielpunkt von Segeltörns an der Côte de Granit rosé und den
Gewässern der nördlichen Bretagne.
Wir wollten das Abenteuer, was man in diesem Teil Europas noch finden kann. Um
Abenteuer erleben zu können, gehört persönlicher Mut dazu, viel Neugierde und das
Quäntchen Glück um alles gefahrlos zu überstehen.
An der K・te der ndlichen und westlichen Bretagne ist die Verbindung zwischen Land
und Meer sehr innig. Rund um die felsigen Kaps von Pointe de Saint-Mathieu, Pointe du
Raz oder Pointe de Penmarch ist die K・te wild und rau. Es gibt gef臧rliche Klippen, st・
mische Wellen, starke Strungen und einen auffallend gro゚en Tidenhub. Wer hier
segelt, bekommt eine Vorstellung von den Urgewalten, wenn sich die Gezeitenstre
zwischen den Felsen und Riffen austoben. Sogar bei ruhigem Wetter und m葹igen
Winden z臧len diese ber・htigten Landvorspr・ge zu den "really bad places". Segeltns
sind in diesem Revier ein echtes Erlebnis und an Intensit舩 schwer zu ・erbieten. Die
Navigation an der Nordk・te der Bretagne erfordert eine gute Planung und viel
Aufmerksamkeit.
Es war ein traumhafter Tn, den wir mit f・f Kameraden in einer wunderschen,
aufregenden Gegend, mit vielen Mlichkeiten erlebten. Doch leider endete er heute.
Wir hatten ein paar atemberaubende Segeltage gehabt. Letztlich waren wir bis zur
Kanalinsel Jersey gesegelt.
Morgen wollten wir mit zwei Autos die Heimreise antreten. Der blaue Himmel und die
milde Luft machten es uns keineswegs leicht, Abschied zu nehmen. Aber heute Abend
wollten wir noch feiern. Albert wollte an Bord kochen. Dazu gingen wir zuerst mal
einkaufen. Fisch und Meeresfrüchte sind in der Bretagne stets frisch und delikat zu
haben. Albert kaufte als Hauptgericht Limandesfisch und erklärte uns, Limandes ist
ein Plattfisch, der auch den Namen Rotzunge trägt. Er gilt in Kenner- kreisen als sehr
hochwertiger Fisch. Was er noch alles kaufte, ist kaum zu beschreiben, ließ aber die
allergrößte Hoffnung auf einen ganz besonderen Genuss steigen.
Mit reichlich Wein warteten wir im Cockpit auf den Beginn der Gaumenfreuden,
während Albert unter Deck, assistiert von Ludwig, literweise Schweiß verlor.
Albert wurde unseren Erwartungen mehr als gerecht. Was der K・henchef in dem
Feinschmeckerlokal Цindflower・f・ ein exklusives Gericht gezaubert hatte, war
unglaublich. Ausgew臧lten frischen Fisch, passende Gew・ze, Gem・e und dazu die nige
Raffinesse f・ eine schmackhafte So゚e, frische Salate und Kr舫ter erg舅zten das Men・・
la Bretagne.
Natürlich sparten wir nicht am Wein.
Weil es so hervorragend mundete
und um den Koch zu ehren, ass゚en wir alles auf. Wir hatten uns alle - gelinde gesagt -
Ueberfressen. Voellegef・l war noch nachsichtig beschrieben.
Da wurde der Vorschlag, einen kleinen Spaziergang zu machen, willkommen
angenommen. Also gingen wir los in Richtung Ort. Wir hörten schon länger aus der
Ferne Blasmusik. Als wir der Musik näher kamen, stellte sich heraus, dass es deutsche
Lieder waren. Von der Art „Oans, zwoa, g'suffa............“Sehr verwunderlich!
Die Musik kam aus dem Dorfsaal. Flaggen einer Brauerei aus dem Elsass vor der Tür.
Eine Fete, organisiert von der Brauerei................
Wir waren neugierig und gingen hinein. Eine Blaskapelle auf der Bühne, ein Tanzsaal
und einige Theken. Alle sangen kräftig mit: „In München steht ein Hofbräuhaus“
Sehr zögerlich gingen wir weiter hinein, bis an eine Theke. Keiner traute sich ein Bier
zu bestellen. Wir waren einfach noch von unserem Abendmenü satt.
Ich weiß nicht, wie es kam, aber irgendwie wurden wir als Deutsche erkannt. Der
Bürgermeister begrüßte uns und sprach mit Albert, dem einzigen von uns, der etwas
französisch sprach. Wir wurden auf die Bühne gebeten und als Deutsche zu dem
deutschen Bierabend begrüßt. Dann geschah etwas Entsetzliches: Jeder bekam ein
Maß Bier in die Hand gedrückt.
Albert erklärte uns, was man von uns erwartete: Wir sollten das Bier in ex austrinken!
Ich wusste, das können wir in unserem voll gefressenen Zustand niemals schaffen.
Albert sagte:“ Ehrensache, keiner kneift!“ Dann rief der ganze Saal: „Un peu!“
Wir tranken um die Ehre. Nicht schlapp machen, durchhalten! Das Bier kam schon aus
den Ohren wieder heraus. Alle haben unsere Ehre verteidigt, keiner hat schlapp
gemacht, ich hatte auch nichts anderes erwartet. Obwohl ich ein paar mal das Gefühl
hatte, ich platze. Irgendwann hatten wir es geschafft, und der ganze Saal spendete
uns Beifall.
Dann kamen einige Männer und brachten ihre Frauen zum Tanzen. Los Kameraden,
tanzt, tanzt um die Ehre!
Ich bekam eine Tanzpartnerin in einem ganz wei゚en Kleid. Sie war schlank und
sportlich. Wenn sie tanzte, war sie elastisch wie ein Schilfrohr. Wie eine Feder
schwebt sie, dreht sich schnell wie ein Kreisel und hat dabei die Spannkraft eines
Bogens. Nichts war aufgesetzt, alles an ihr echt, strahlte Lebensfreude aus. Wie
eine Feder im Wind: ich sollte die Aufgabe des Windes ・ernehmen. Wir umrundeten in
gro゚en Kreisen den Tanzsaal, bis die Musik eine Pause machte. Sie sprach kein Wort
deutsch und ich nicht franzisch. Ich wusste aber schon, dass sie Monique hie゚.
Meinen Namen J・gen kannte sie auch bald und Ludwig, den Namen meines Freundes.
Ich schaute mich um, meine Freunde hatten an der Theke einen Br・kenkopf gebildet.
Monique ging mit mir. Albert versucht ein paar Fragen zu kl舐en. Ich erfuhr, Monique
war Witwe und hatte einen kleinen Sohn, der hier auch irgendwo herum lief. Monique痴
wei゚es Kleid war einst ihr Brautkleid gewesen, soviel konnte sie Albert erkl舐en. Als
die Musik wieder begann, zog Monique mich auf die Tanzfl臘he. Auch meine Freunde
werden von französischen Frauen aufgefordert. Nur Franz Josef tanzt nicht und
blieb bei den Bierkrügen stehen. Später sagt er mir, dass er Wache halten müsse.
Wenn die Tänzer zurück kämen, seien die Bierkrüge leer getrunken. Dieses Risiko sei
untragbar und die Gläser müssen verteidigt werden.
Ich tanze mit Monique “Tanz mit mir schönes Kind und dreh dich im Kreise. Morgen
schon müssen wir fahren.“
Wen wundert es, dass ich die ganze Nacht mit Monique tanzte. Einige meiner Freunde
waren schon gegangen. Sie dachten wohl an Morgen und an die lange Fahrt nach
Deutschland. Nur Willi war noch da, und ihm gefiel die Situation wohl, er tanzte mit
wechselnden Partnerinnen. Inzwischen hatte ich Moniques 11j臧rigen Sohn Louis
kennen gelernt. Er unterhielt sich mit ein paar gleichaltrigen Jungen. Monique sagte
immer wieder ・Bateau・ und zeigte auf ihren Sohn. Ich verstand, dass Louis gerne mal
auf unser Boot mhte.
Die Veranstaltung ging zu Ende. Ich beriet mich mit Willi. Na klar, kne er aufs Boot.
Unsere Kameraden schliefen. Das mache ja nichts. Also gingen wir zum Steg und zum
Boot. Lautes Schnarchen empfing uns. Louis durfte das Steuer halten und auf den
Bugkorb klettern. Ich setzte ihm Ludwigs Elbsegler-M・ze auf den Kopf. Er freute
sich und hatte viel Spa゚, - seine Mutter auch. Ich machte klar, dass ich in dieser
Situation keinen Kaffee kochen kne. Monique deutete an, sie kne Kaffee kochen -
in ihrer Wohnung. Louis wollte gerne Willis Auto sehen. Willi war mit einem
Commodore da. Der wollte unbedingt einmal mit dem Commodore fahren. Also sollte
ich mit Monique fahren und Willi mit Luis hinterher.
Wir fuhren los, Monique fuhr einen uralten kleinen Peugeot. Ich glaube, dass er ・
erhaupt noch fuhr, hatte er den beiden Engeln zu verdanken, die auf beide T・en
gemalt waren. Willi fuhr mit dem kleinen Louis im Commodore hinter her.
Von der wilden Landschaft sah ich trotz der klaren Sterne nicht viel. Es war zu d舂
merig um etwas zu erkennen. Es waren auch keine Stra゚en, sondern eher Wege, die
wir in der n臘htlichen Fahrt passierten. Immer wieder standen plzlich bizarr
geformte Felsen vor uns, um die der Weg herum f・rte. Ich ahnte durch welche wild
romantische Landschaft wir fuhren, mit verborgenen Orten, die geheimnisvolle R舩sel
aus der Zeit der Druiden verbargen. In denen der Seher und mystische F・rer Merlin
gewirkt hatte. Aber meine ganz in wei゚ gekleidete Fahrerin lie゚ sich nicht beirren und
steuerte sicher ihrem Ziel entgegen. Nur, dass Willi mit seinem Commodore nicht
direkt hinter uns war, machte sie unruhig. Sie schaute sich immer wieder um. Plzlich
waren wir da.
Ich glaubte es nicht, dass hier jemand wohnen konnte. Was ich da sah, waren nur noch
Ruinen von einem ehemals hier gestandenen Steinhaus. Gebaut aus jenem rosa
schimmernden Granit, der dieser Gegend den Namen gab. Nur das Dach oder was noch
davon übrig war, war mit Stroh gedeckt. Die ehemaligen Nebengebäude waren nur
noch ein Haufen aus Granitbruch.
Wir hielten hier und Monique machte mir ein Zeichen ihr zu folgen. Sie ging durch ein
Tür ähnliches Loch. Die durch Wind und Wetter beschädigte Holztür hing lose in
ihrer Verankerung - und ich folgte ihr zögerlich. Sie zündete einige Kerzen an und
führte mich in den offenbar einzigen Raum der Ruine. Die Luft roch nach Staub und
verrottetem Heu. Der Raum war möbliert mit einem wohl über zehn bis zwölf Meter
langen Tisch, umringt von einigen wackeligen Stühlen. An der Wand stand ein großes
Doppelbett, über dem Bett hing ein Gewehr. Mir drängte sich die Assoziation
„Schmugglerversteck“ auf. Ein paar einfache Schränke und ein Herd ergänzten die
Möblierung. Der Fußboden war undefinierbar, ich dachte an Lehm oder so etwas.
Ich wollte sie umarmen, doch plzlich kannte sie einen deutschen Satz:・Ich bin eine
anst舅dige Frau!・ Monique wehrte mich ab und ging voller Nervosit舩 nach drau゚en. Sie
hatte Angst, weil Willi mit ihrem Sohn noch nicht da war. Aufgeregt lief sie vor dem
Haus hin und her. Wo blieb Willi mit ihrem Sohn? Ich konnte es mir auch nicht erkl舐
en. Die einzige Erkl舐ung war: Sie haben sich verfahren.
Ich konnte mir ganz gut die Angst der Mutter vorstellen. Es wurde von Minute zu
Minute schlimmer und sie lief ein St・k des Weges in die Richtung aus der sie kommen
m・sten. Ich konnte sie nicht beruhigen, denn sie verstand mich ja nicht. Mehrmals
wollte sie sich in ihr Auto setzen und die Strecke abfahren. Aber nach langen zwanzig
Minuten tauchte dann der Commodore mit dem verlorenen Sohn auf. Willi war sich
keiner Schuld bewusst. Louis h舩te ihm unbedingt auf einer Wiese ein totes Pferd
zeigen wollen und dann h舩ten sie noch einen Platten gehabt. Er war wohl auf einen
spitzen Felsen gefahren und das h舩te der Reifen nicht ausgehalten.
Aber das wichtigste: Louis war wieder da.
Monique war glücklich und kochte Kaffee. In dem alten Herd war wohl noch Feuer und
sie hatte mit geschickten Händen schnell ein prasselndes Feuer entfacht. Willi und
ich unterhielten uns über die Ruine und wie hier jemand wohnen konnte. Aber
eigentlich wollten wir wieder weg. Unsere Kameraden machten sich sicher Sorgen.
Wir lie゚en uns noch die Adresse aufschreiben und verabschiedeten uns von der ・belle
nuit.・
Der Morgen dämmerte schon. Wir fuhren los. Aber wir wussten nicht, wohin. Die
Wege kreuzten sich. Plötzlich standen wir am Abgrund, vor uns das rauschende Meer.
Immer wieder versperrte uns eine Felsengruppe die Weiterfahrt. Ich weiß nicht, wie
lange wir in der Landschaft umher irrten, bis wir durch Zufall eine Straße fanden, die
uns letztlich wieder nach Paimpol brachte.
Beim Boot angekommen, war es sicher schon acht Uhr. Friedlich lag die Windflower in
der Morgensonne. Niemand war zu sehen. Unter Deck nur gepackte Taschen.
Vielleicht waren unsere Freunde im Waschraum der Anlage?
Kaum waren wir unter Deck, da klopfte es. Ein Beamter des französischen Zolls, in
Uniform. Willi wusste sofort, wie man so etwas anfasste. Er bat ihn an Bord und er
nahm Platz im Salon. Sofort hatte Willi eine Flasche Weinbrand auf dem Tisch und ich
suchte nach Gläsern. Nachdem wir ein Glas zusammen getrunken hatten, schenkte
Willi gleich nach und das wurde wohlwollend angenommen. Der Beamte muss gestern
Abend auch auf der Fete gewesen sein und hatte uns wieder erkannt. Irgendwie
bekamen wir heraus, dass er die Bootspapiere und unsere Ausweise sehen wollte. Kein
Problem, die Bootspapiere waren an ihrem Platz und unsere Ausweise waren auch
rasch gefunden. Nach einem weiteren Weinbrand studierte der Beamte die Papiere
und gab sie zurück. Alles war OK. Gerne nahm er noch ein Glas mit auf den Weg. Wir
verabschiedeten uns fast als Freunde.
Ja, unsere Freunde waren bei der sanitären Anlage und hatten beobachtet, wie ein
Mann in Uniform die Windflower betrat. Sofort folgerten sie messerscharf: “Das ist
die Polizei. Jürgen und Willi werden verhaftet. Was haben sie heute Nacht wohl
angestellt? Last uns bloß hier warten, sonst werden wir auch noch verhaftet.“ Als sie
den „Polizisten“ das Boot verlassen sahen, kamen sie langsam näher und trauten sich
an Bord. Sie sagten: „Ja, sie wären froh, dass wir nicht verhaftet worden wären.“ So
richtig glaubten wir ihnen aber nicht. Sie sahen aber unsere müden unrasierten
Gesichter, denen auch der letzte Weinbrand noch seinen Stempel aufgedrückt hatte
und es kam doch so etwas wie Mitleid in ihnen auf. Nur dann gab es doch noch einen
größeren Tumult, als Ludwig seinen Elbsegler nicht finden konnte. Kleinlaut erzählte
ich, dass der wahrscheinlich bei Monique geblieben war und ich ihn wieder besorgen w
・de. Diese M・ze sei ihm unheimlich wichtig, weil viele Erinnerungen damit verbunden
waren und ・erhaupt, was fremde Leute nachts auf dem Boot verloren h舩ten. Die drei
verabschiedeten sich nicht in bester Stimmung von uns. Willi und ich mussten uns
dringend ausruhen und fuhren deshalb einen Tag sp舩er die lange Strecke nach
Deutschland zur・k.
Monique bekam vier Wochen später eine Postkarte geschickt, vielleicht später noch
eine. Als aber die Pläne für die neue Segelsaison am Anfang des Jahres gemacht
wurde, kam Monique noch einmal in meinen Überlegungen vor. Da war immer noch das
leidige Thema von Ludwigs geheiligter Mütze, dem „Elbsegler“. Was noch unerledigt
in den Dateien meines Kopfes abgelegt war.
Die Windflower hatte in Paimpol überwintert. Von hier konnte also die neue Saison
beginnen und dann doch sicherlich auch dieses Thema Mütze erledigt werden. Die
neuen Segelpläne sahen vor, dass ich den ersten Törn mit Ludwig und seiner Frau Ulli
als Gäste, mit meiner Frau Margreth und meinem 12 jährigen Sohn Uwe plante. Also
dachte ich mir, Monique zu schreiben, und sie zu bitten, die Mütze nach unserer
Ankunft zum Boot zu bringen. Ich bat eine Bekannte, diesen Brief in Französisch zu
schreiben, und schickte ihn ab.
Wir kamen abends gegen 18 Uhr in Paimpol am Boot an. Eine Frau in einem weißen Kleid
ging auf dem Steg hin und her. Sie kam auf uns zu und rief: „ Ludwig, Jürgen!“
Entsetzen in Ullis Augen. “Wieso kennt diese Frau meinen Mann? Was ist hier im
letzten Jahr geschehen?“ Meine Frau war indessen schon vorher von mir über den
Hintergrund aufgeklärt. Monique war freudig und begrüßte uns alle sehr herzlich.
Ludwigs Mütze war wieder da. Sie hatte sie mitgebracht.
Was jetzt? Monique hatte sich offenbar von der Begegnung viel erwartet. Wir
machten ihr klar, dass wir erst mal das Gepäck ins Boot laden müssten und dann von
der langen Fahrt total müde sind. Offenbar möchte sie uns zu sich zum Kaffee
einladen. Es gelang, ihr klar zu machen, sie solle am nächsten Morgen wieder kommen.
Die Diskussionen, die wir an diesem Abend noch mit unseren Frauen führten, war kein
guter Auftakt für den Urlaub. Ludwig und ich waren geneigt, die morgige Einladung
anzunehmen, Margreth ging auf unsere Wünsche ein. Ulli sagte „keinesfalls!!“
Monique kam um 10 Uhr. Wir luden sie zum Frühstück ein, welches gerade im Salon
angerichtet war. Die Gespräche während des Frühstücks waren mehr als krampfhaft,
das heißt: Zeichensprache. Dann wollte sie uns zu ihrer Behausung bringen. Sie wollte
mit ihrem Auto fahren. Aber wir passten nicht alle hinein. Also zwei Fahrten.
MeineFamilie, Margret, Uwe und ich zuerst. Schon waren wir unterwegs durch eine
abenteuerliche Landschaft. Jetzt konnte ich erst richtig sehen, wo Willi und ich im
Jahr zuvor die Irrfahrt erlebt hatten Margreth und Uwe waren vorgewarnt und
erschraken nicht zu sehr ・er die Ruinen und das sehenswerte Innere. Wir nahmen
Platz an dem langen Tisch und bekamen einen Stapel Fotoalben. Moniques Sohn Louis
leistete uns Gesellschaft. Er konnte sich Gott sei Dank mit Uwe etwas in Englisch
unterhalten. Schon war Monique wieder weg.
Kurze Zeit sp舩er kam sie mit Ulli und Ludwig zur・k. Beide hatten diese Behausung ja
noch nicht gesehen und waren entsprechend erstaunt. Monique fachte das Herdfeuer
an und kochte Wasser f・ den Kaffee. Wir sahen weiter Fotoalben an. Dann wollte sie
wissen, wohin wir segeln wollten. Unser Ziel war Treguier. Das war nur ein paar
Segelstunden entfernt. Monique r・kte damit heraus, dass sie mhte, dass wir ihren
Sohn Louis mitnehmen und wollte ihn dann in wieder in Treguier abholen. Louis w・
schte sich so sehr, einmal mit zu fahren. Ich wollte ihm diesen Gefallen tun, doch
unsere Frauen waren strikt dagegen. Sie sprachen von der Verantwortung - und
sowieso. Es fiel mir sehr schwer, eine Absage zu erteilen. Doch ich lief Gefahr, dass
durch diese Verstimmung der ganze Urlaub verderben w・de. Ludwig und Ulli wollten
sofort zur・k gebracht werden. Wir blieben in der malerischen Wohnung zur・k.
Als Monique zurück kam, machte sie einen neuen Versuch, uns Louis mit zu geben. Ich
musste es absagen. Darüber war Louis sehr traurig und seine Mutter auch. Sie
brachte uns zurück, und an ihrem Fahrstil war leicht zu erkennen, dass sie wütend
war. Die Verabschiedung in Paimpol fiel auch entsprechend kurz aus, aber ich ärgere
mich heute noch, dass ich mich nicht durchsetzte um Louis auf dem ersten kurzen
Törn mitzunehmen.
Jürgen Boos
·
Monique aus der Bretagne
An Bord unserer Segelyacht Windflower, hatten wir immer ein sogenanntes Kritzel
Kratzel Buch. Eine Kladde, die mit einer Seekarte eingebunden war. Anke, meine
Tochter, hatte sie eingeführt, als sie so 10 Jahre war. Jeder der Lust hatte sollte
dort etwas hinein schreiben oder malen. Ich fand das Buch neulich im Bücherschrank,
als ich etwas ganz anderes suchte. Beim durchblättern fiel mir manche Episode aus
der aktiven Segelzeit wieder ein.
Die obige Eintragung von Monique, brachte mich auf die Idee, einmal aufzuschreiben,
wie es zu dieser Eintragung gekommen ist.
Paimpol
In
geschützter
Lage,
am
nördlichen
Ende
der
Bucht
von
St.
Brieu
gelegen,
ist
Paimpol
eine
vitale
Hafenstadt.
Es
gibt
keine
schönen
Strände.
Die
alte
Hafenstadt
hat
in
der
Vergangenheit
Korsaren
und
Fischer
beheimatet.
Ihr
authentischer
Charme
liegt
über
der
Altstadt.
Von
hier
waren
um
die
Jahrhundertwende
die
Schiffe
nach
Island
gesegelt um den Kabeljau zu fangen.
In
diesem
Jahr
lag
die
Windflower,
unsere
Segelyacht,
für
ein
paar
Wochen
hier.
Ausgangs-
und
Zielpunkt
von
Segeltörns
an
der
Côte
de
Granit
rosé
und
den
Gewässern der nördlichen Bretagne.
Wir
wollten
das
Abenteuer,
was
man
in
diesem
Teil
Europas
noch
finden
kann.
Um
Abenteuer
erleben
zu
können,
gehört
persönlicher
Mut
dazu,
viel
Neugierde
und
das
Quäntchen Glück um alles gefahrlos zu überstehen.
An
der
K・te
der
ndlichen
und
westlichen
Bretagne
ist
die
Verbindung
zwischen
Land
und
Meer
sehr
innig.
Rund
um
die
felsigen
Kaps
von
Pointe
de
Saint-Mathieu,
Pointe
du
Raz
oder
Pointe
de
Penmarch
ist
die
K・te
wild
und
rau.
Es
gibt
gef臧rliche
Klippen,
st・
mische
Wellen,
starke
Strungen
und
einen
auffallend
gro゚en
Tidenhub.
Wer
hier
segelt,
bekommt
eine
Vorstellung
von
den
Urgewalten,
wenn
sich
die
Gezeitenstre
zwischen
den
Felsen
und
Riffen
austoben.
Sogar
bei
ruhigem
Wetter
und
m葹igen
Winden
z臧len
diese
ber・htigten
Landvorspr・ge
zu
den
"really
bad
places".
Segeltns
sind
in
diesem
Revier
ein
echtes
Erlebnis
und
an
Intensit舩
schwer
zu
・erbieten.
Die
Navigation
an
der
Nordk・te
der
Bretagne
erfordert
eine
gute
Planung
und
viel
Aufmerksamkeit.
Es
war
ein
traumhafter
Tn,
den
wir
mit
f・f
Kameraden
in
einer
wunderschen,
aufregenden
Gegend,
mit
vielen
Mlichkeiten
erlebten.
Doch
leider
endete
er
heute.
Wir hatten ein paar atemberaubende Segeltage gehabt. Letztlich waren wir bis zur
3
Kanalinsel Jersey gesegelt.
Morgen
wollten
wir
mit
zwei
Autos
die
Heimreise
antreten.
Der
blaue
Himmel
und
die
milde
Luft
machten
es
uns
keineswegs
leicht,
Abschied
zu
nehmen.
Aber
heute
Abend
wollten
wir
noch
feiern.
Albert
wollte
an
Bord
kochen.
Dazu
gingen
wir
zuerst
mal
einkaufen.
Fisch
und
Meeresfrüchte
sind
in
der
Bretagne
stets
frisch
und
delikat
zu
haben.
Albert
kaufte
als
Hauptgericht
Limandesfisch
und
erklärte
uns,
Limandes
ist
ein
Plattfisch,
der
auch
den
Namen
Rotzunge
trägt.
Er
gilt
in
Kenner-
kreisen
als
sehr
hochwertiger
Fisch.
Was
er
noch
alles
kaufte,
ist
kaum
zu
beschreiben,
ließ
aber
die
allergrößte Hoffnung auf einen ganz besonderen Genuss steigen.
Mit
reichlich
Wein
warteten
wir
im
Cockpit
auf
den
Beginn
der
Gaumenfreuden,
während Albert unter Deck, assistiert von Ludwig, literweise Schweiß verlor.
Albert
wurde
unseren
Erwartungen
mehr
als
gerecht.
Was
der
K・henchef
in
dem
Feinschmeckerlokal
Цindflower・f・
ein
exklusives
Gericht
gezaubert
hatte,
war
unglaublich.
Ausgew臧lten
frischen
Fisch,
passende
Gew・ze,
Gem・e
und
dazu
die
nige
Raffinesse
f・
eine
schmackhafte
So゚e,
frische
Salate
und
Kr舫ter
erg舅zten
das
Men・・
la Bretagne.
Natürlich sparten wir nicht am Wein.
W
eil
es
so
hervorragend
mundete
und
um
den
Koch
zu
ehren,
a゚en
wir
alles
auf.
Wir
hatten
uns
alle
-
gelinde
gesagt
-
・
erfressen. Vlegef・l war noch nachsichtig beschrieben.
Da
wurde
der
Vorschlag,
einen
kleinen
Spaziergang
zu
machen,
willkommen
angenommen.
Also
gingen
wir
los
in
Richtung
Ort.
Wir
hörten
schon
länger
aus
der
Ferne
Blasmusik.
Als
wir
der
Musik
näher
kamen,
stellte
sich
heraus,
dass
es
deutsche
Lieder waren. Von der Art „Oans, zwoa, g'suffa............“
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Sehr verwunderlich!
Die
Musik
kam
aus
dem
Dorfsaal.
Flaggen
einer
Brauerei
aus
dem
Elsass
vor
der
Tür.
Eine Fete, organisiert von der Brauerei................
Wir
waren
neugierig
und
gingen
hinein.
Eine
Blaskapelle
auf
der
Bühne,
ein
Tanzsaal
und einige Theken. Alle sangen kräftig mit: „In München steht ein Hofbräuhaus“
Sehr
zögerlich
gingen
wir
weiter
hinein,
bis
an
eine
Theke.
Keiner
traute
sich
ein
Bier
zu bestellen. Wir waren einfach noch von unserem Abendmenü satt.
Ich
weiß
nicht,
wie
es
kam,
aber
irgendwie
wurden
wir
als
Deutsche
erkannt.
Der
Bürgermeister
begrüßte
uns
und
sprach
mit
Albert,
dem
einzigen
von
uns,
der
etwas
französisch
sprach.
Wir
wurden
auf
die
Bühne
gebeten
und
als
Deutsche
zu
dem
deutschen
Bierabend
begrüßt.
Dann
geschah
etwas
Entsetzliches:
Jeder
bekam
ein
Maß Bier in die Hand gedrückt.
Albert
erklärte
uns,
was
man
von
uns
erwartete:
Wir
sollten
das
Bier
in
ex
austrinken!
Ich
wusste,
das
können
wir
in
unserem
voll
gefressenen
Zustand
niemals
schaffen.
Albert sagte:“ Ehrensache, keiner kneift!“ Dann rief der ganze Saal: „Un peu!“
Wir
tranken
um
die
Ehre.
Nicht
schlapp
machen,
durchhalten!
Das
Bier
kam
schon
aus
den
Ohren
wieder
heraus.
Alle
haben
unsere
Ehre
verteidigt,
keiner
hat
schlapp
gemacht,
ich
hatte
auch
nichts
anderes
erwartet.
Obwohl
ich
ein
paar
mal
das
Gefühl
hatte,
ich
platze.
Irgendwann
hatten
wir
es
geschafft,
und
der
ganze
Saal
spendete
uns Beifall.
Dann
kamen
einige
Männer
und
brachten
ihre
Frauen
zum
Tanzen.
Los
Kameraden,
tanzt, tanzt um die Ehre!
Ich
bekam
eine
Tanzpartnerin
in
einem
ganz
wei゚en
Kleid.
Sie
war
schlank
und
sportlich.
Wenn
sie
tanzte,
war
sie
elastisch
wie
ein
Schilfrohr.
Wie
eine
Feder
schwebt
sie,
dreht
sich
schnell
wie
ein
Kreisel
und
hat
dabei
die
Spannkraft
eines
Bogens.
Nichts
war
aufgesetzt,
alles
an
ihr
echt,
strahlte
Lebensfreude
aus.
Wie
eine
Feder
im
Wind:
ich
sollte
die
Aufgabe
des
Windes
・ernehmen.
Wir
umrundeten
in
gro゚en
Kreisen
den
Tanzsaal,
bis
die
Musik
eine
Pause
machte.
Sie
sprach
kein
Wort
deutsch
und
ich
nicht
franzisch.
Ich
wusste
aber
schon,
dass
sie
Monique
hie゚.
Meinen Namen J・gen kannte sie auch bald und Ludwig, den Namen meines Freundes.
Ich
schaute
mich
um,
meine
Freunde
hatten
an
der
Theke
einen
Br・kenkopf
gebildet.
Monique
ging
mit
mir.
Albert
versucht
ein
paar
Fragen
zu
kl舐en.
Ich
erfuhr,
Monique
war
Witwe
und
hatte
einen
kleinen
Sohn,
der
hier
auch
irgendwo
herum
lief.
Monique痴
wei゚es
Kleid
war
einst
ihr
Brautkleid
gewesen,
soviel
konnte
sie
Albert
erkl舐en.
Als
die Musik wieder begann, zog Monique mich auf die Tanzfl臘he. Auch meine Freunde
5
werden
von
französischen
Frauen
aufgefordert.
Nur
Franz
Josef
tanzt
nicht
und
blieb
bei
den
Bierkrügen
stehen.
Später
sagt
er
mir,
dass
er
Wache
halten
müsse.
Wenn
die
Tänzer
zurück
kämen,
seien
die
Bierkrüge
leer
getrunken.
Dieses
Risiko
sei
untragbar und die Gläser müssen verteidigt werden.
Ich
tanze
mit
Monique
“Tanz
mit
mir
schönes
Kind
und
dreh
dich
im
Kreise.
Morgen
schon müssen wir fahren.“
Wen
wundert
es,
dass
ich
die
ganze
Nacht
mit
Monique
tanzte.
Einige
meiner
Freunde
waren
schon
gegangen.
Sie
dachten
wohl
an
Morgen
und
an
die
lange
Fahrt
nach
Deutschland.
Nur
Willi
war
noch
da,
und
ihm
gefiel
die
Situation
wohl,
er
tanzte
mit
wechselnden
Partnerinnen.
Inzwischen
hatte
ich
Moniques
11j臧rigen
Sohn
Louis
kennen
gelernt.
Er
unterhielt
sich
mit
ein
paar
gleichaltrigen
Jungen.
Monique
sagte
immer
wieder
・Bateau・
und
zeigte
auf
ihren
Sohn.
Ich
verstand,
dass
Louis
gerne
mal
auf unser Boot mhte.
Die
Veranstaltung
ging
zu
Ende.
Ich
beriet
mich
mit
Willi.
Na
klar,
kne
er
aufs
Boot.
Unsere
Kameraden
schliefen.
Das
mache
ja
nichts.
Also
gingen
wir
zum
Steg
und
zum
Boot.
Lautes
Schnarchen
empfing
uns.
Louis
durfte
das
Steuer
halten
und
auf
den
Bugkorb
klettern.
Ich
setzte
ihm
Ludwigs
Elbsegler-M・ze
auf
den
Kopf.
Er
freute
sich
und
hatte
viel
Spa゚,
-
seine
Mutter
auch.
Ich
machte
klar,
dass
ich
in
dieser
Situation
keinen
Kaffee
kochen
kne.
Monique
deutete
an,
sie
kne
Kaffee
kochen
-
in
ihrer
Wohnung.
Louis
wollte
gerne
Willis
Auto
sehen.
Willi
war
mit
einem
Commodore
da.
Der
wollte
unbedingt
einmal
mit
dem
Commodore
fahren.
Also
sollte
ich mit Monique fahren und Willi mit Luis hinterher.
Wir
fuhren
los,
Monique
fuhr
einen
uralten
kleinen
Peugeot.
Ich
glaube,
dass
er
・
erhaupt
noch
fuhr,
hatte
er
den
beiden
Engeln
zu
verdanken,
die
auf
beide
T・en
gemalt waren. Willi fuhr mit dem kleinen Louis im Commodore hinter her.
V
on
der
wilden
Landschaft
sah
ich
trotz
der
klaren
Sterne
nicht
viel.
Es
war
zu
d舂
merig um etwas zu erkennen. Es waren auch keine Stra゚en, sondern eher Wege,
6
die
wir
in
der
n臘htlichen
Fahrt
passierten.
Immer
wieder
standen
plzlich
bizarr
geformte
Felsen
vor
uns,
um
die
der
Weg
herum
f・rte.
Ich
ahnte
durch
welche
wild
romantische
Landschaft
wir
fuhren,
mit
verborgenen
Orten,
die
geheimnisvolle
R舩sel
aus
der
Zeit
der
Druiden
verbargen.
In
denen
der
Seher
und
mystische
F・rer
Merlin
gewirkt
hatte.
Aber
meine
ganz
in
wei゚
gekleidete
Fahrerin
lie゚
sich
nicht
beirren
und
steuerte
sicher
ihrem
Ziel
entgegen.
Nur,
dass
Willi
mit
seinem
Commodore
nicht
direkt
hinter
uns
war,
machte
sie
unruhig.
Sie
schaute
sich
immer
wieder
um.
Plzlich
waren wir da.
Ich
glaubte
es
nicht,
dass
hier
jemand
wohnen
konnte.
Was
ich
da
sah,
waren
nur
noch
Ruinen
von
einem
ehemals
hier
gestandenen
Steinhaus.
Gebaut
aus
jenem
rosa
schimmernden
Granit,
der
dieser
Gegend
den
Namen
gab.
Nur
das
Dach
oder
was
noch
davon
übrig
war,
war
mit
Stroh
gedeckt.
Die
ehemaligen
Nebengebäude
waren
nur
Monique aus der Bretagne